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Unrast beherrscht die Jugend. Diese M\u00e4dchen fliehen hilflos in ein bitteres \u201es\u00fc\u00dfes Leben“<\/em><\/p>\n\n<\/p>\n\n
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<\/p> Die Baskenm\u00fctze war der Stolz des biederen Patrioten. Auf dem Kopf der Fallschirmj\u00e4ger wird sie zum Orden der M\u00e4nnlichkeit. Die Stirn ist nicht mehr wichtig. \u201eWir denken nicht. Wir st\u00fcrmen\u201c<\/strong><\/em><\/figcaption><\/figure> <\/figure>Sehnsucht nach Koppeln, Bluejeans und schwarzen Lederjacken. Dieses H\u00e4ufchen Mann tr\u00e4umt jetzt schon von dem Tag, an dem es seine Ratlosigkeit in die Uniform der Revolte stecken kann<\/em><\/pre><\/div><\/div>Spitze Schuhe f\u00fcr pr\u00e4zise Tiefschl\u00e4ge. Sie sind Bestandteile einer Tradition der Pariser Vorst\u00e4dte, des Apachenboxens: \u201ela savate\u201c. Entscheidende Schl\u00e4ge werden mit den Schuhen gef\u00fchrt. Heute noch<\/em><\/pre><\/div> <\/figure><\/div> <\/figure>Lieben! Egal wie. Egal wo. Man braucht Selbstbest\u00e4tigung. Am Rande der Gesellschaft, wenn es dort leichter f\u00e4llt. Nur nicht allein sein, allein mit seiner Unsicherheit und der Angst vor dem Leben<\/em><\/pre><\/div><\/div>Die beh\u00fctete Jugend aus gutem Hause hat es leichter, mit der Lebensangst fertig zu werden. Sie hat eine Zukunft. Und wenn sie sich auflehnt, w\u00e4hlt sie die Politik. Das sieht nobler aus. Selbst wenn man Bomben wirft<\/em><\/pre><\/div> <\/figure><\/div>In den D\u00f6rfern tobt sich die Jugend im Tanz aus. M\u00e4dchen m\u00fcssen nicht sein. Krach und Verrenkungen gen\u00fcgen, um zu beweisen, da\u00df man jemand ist. F\u00fcr Politik interessiert sich die Dorfjugend nicht. Sie nen<\/strong><\/em>nt sie dreckig und verlogen<\/strong><\/em><\/figcaption><\/figure> Ein Drittel der Franzosen sind Kinder. Die Regierung hat systematisch Geburtenpolitik betrieben. Selbst Mittel zur Empf\u00e4ngnisverh\u00fctung wurden verboten. Aber es gibt nicht genug Schulen, zu wenig Universit\u00e4ten, kaum Sportpl\u00e4tze<\/strong><\/em><\/figcaption><\/figure>Der \u201ePlatz des Theaters\u201c liegt wie ein gro\u00dfes Schiff im Zentrum von Montpellier. Es ist der gr\u00f6\u00dfte Kindergarten, den ich kenne. Die Kinder sind schon etwas alt. Sie lutschen nicht mehr an Schnullern. Sie trinken Wein, Whisky, Pernod oder Coca-Cola. Ihre Gouvernanten sind Kellner, ihre Kinderwagen Motorr\u00e4der und Jaguars. \u2013 Es sind Studenten. Ein Drittel der Bev\u00f6lkerung von Montpellier sind Studenten. Wir sitzen auf der Terrasse eines Caf\u00e9s. Um uns stehen und sitzen junge M\u00e4nner und ein paar richtige Kinder. Drei\u00dfig ungef\u00e4hr. Die Brigitte Bardots, die vor\u00fcbergehen, versuchen die Blicke der Jungen auf ihre rollenden H\u00fcften zu ziehen. Nichts. Hier wird diskutiert. Nerv\u00f6s. Die Worte knistern vor Spannung. \u201eWir ziehen ihnen die Haut ab.\u201c \u2014 \u201eSchweine \u2014 Waschlappen. Da wird mir \u00fcbel\u2026\u201c Der Lange spuckt auf meinen rechten Schuh. Keine Entschuldigung. Kein \u201ePardon, Monsieur.\u201c Nicht einmal ein Blick in unsere Richtung. Wir sind Fremdk\u00f6rper in einem Wesen, da\u00df hier aus Schimpfworten und Zorn geboren wird: eine Gruppe. Sie hat jetzt schon den unberechenbaren Charakter jeder Masse. Es wird nicht mehr gedacht. Es wird gebellt. \u201eHunde \u2013 ja, Hunde\u201c, bellen sie und st\u00fcrzen sich auf die Mitte des Platzes, wo ein Dutzend Studenten herumsteht und debattiert. Die Schl\u00e4ge fallen. Schimpfworte. Als wir hinzukommen, wird nur noch stumm gek\u00e4mpft. Wir sind nicht die einzigen Zuschauer. Etwa hundert junge Menschen haben einen Kreis gebildet und gaffen. \u201eDes cons\u201c, sagt mein Nachbar, \u201edes \u00e9nerv\u00e9s\u201c. A quoi \u00e7a sert?\u201c\u2014 Idioten, Hitzk\u00f6pfe. Wozu ist das gut?\u201c \u201eMan kann nie wissen\u201c, sage ich. \u201eIdeen\u201c, meint er, \u201edie schlagen sich f\u00fcr \u00dcberzeugungen. Oh, die Armleuchter.\u201c<\/p>
Pr\u00fcgel statt Argumente<\/strong><\/p>\u201eWarum denn gleich auffallen?\u201c sagt ein anderer. \u201eDie sollen mehr saufen, dann k\u00e4m\u2019s nicht soweit\u201c, meint ein dritter. Einige Schritte weiter steht ein P\u00e4rchen. \u201e Du gehst nicht, nein, du darfst nicht gehen\u201c, fleht das M\u00e4dchen. \u201eDu hast es versprochen.\u201c Der Junge bei\u00dft sich auf den Lippen. Seine H\u00e4nde w\u00fchlen in den Taschen. \u201eUnd die Freunde?\u201c \u201eUnd ich?\u201c \u201eSie sind 10 gegen 15!\u201c \u201eIch schreie\u201c, sagt sie mit eiskalter Stimme. Ich sehe nur noch diese beiden jungen Menschen. Hier ist der Kampf dramatischer als dort im Kreis. Bewu\u00dfter. Sie schauen sich wortlos an. Hier gibt es keine Gruppe, keine Hysterie. Nur einen Mann, der w\u00e4hlen mu\u00df. Und pl\u00f6tzlich schreit er laut und schrill: \u201eNein \u2014 nein. Deine Feigheit kotzt mich an“, und st\u00fcrzt sich unter die K\u00e4mpfenden. \u201eStell dir vor, die glauben an was\u201c, sagt der Nachbar. \u201eAnstatt zufrieden zu sein mit \u2019ner, G\u00f6re, wie Sie.\u201c \u201eAlles Angeber\u201c, sagt noch einer. \u201eMoi, je m\u2019en fous. – Mir ist das vollkommen schnuppe. Ich hab\u2019 Wichtigeres zu tun. Er geht. Ich schaue ihm nach. Kleine, pr\u00e4zise Schritte. Wei\u00dfer Kragen. Kaufhauseleganz. Ein junger Mann, der vorw\u00e4rts kommen will. Zehn Jungen kommen ihm entgegen. Bluejeans, schwarze Jacken aus Leder, offene Hemden bis zum Nabel, Cowboy-Koppel mit schweren Schl\u00f6ssern, lange gewellte Haare. Sie gehen langsam mit h\u00e4ngenden Armen. Ihre Texasstiefel scheinen das Pflaster woll\u00fcstig schl\u00fcrfen zu wollen. Auf ihren gew\u00f6lbten Schultern tragen sie eine, ich wei\u00df nicht welche, erdr\u00fcckende Welt. Sie kommen wie Raubtiere, und der Kreis \u00f6ffnet sich ohne Widerspruch. Sie sagen kein Wort. Sie schlagen nur stumm auf die K\u00e4mpfenden ein. Mit ihren Koppeln, ihren F\u00e4usten. Sie ergreifen nicht Partei. Sie hauen dazwischen. Nach links, nach rechts. Wenn H\u00e4nde jubeln k\u00f6nnen, dann tun sie es hier, mit verbissener Freude. Ich pirsche mich an einen \u00e4lteren Herrn heran und frage, welches Kriegsspiel hier ge\u00fcbt wird.<\/p>
Toleranz ist Kapitalismus<\/strong><\/p>\u201eDas \u00dcbliche\u201c, sagt er, \u201e eine politische Rauferei. Das hei\u00dft, sie war politisch, bis jetzt. Die Studenten schlagen sich, Rechte gegen Linke. Korporierte gegen Gewerkschaftler, franz\u00f6sisches Algerien gegen algerisches Algerien. Dann kommen die Schwarzjacken hinzu und hauen auf alle ein. Die verpassen keine Gelegenheit.\u201c \u201eKommt es oft vor?\u201c frage ich. \u201eDie Jugend bezieht Stellung\u201c, sagte er und klopft auf sein f\u00fcnfzigj\u00e4hriges Herz. \u201eWir sind die j\u00fcngste Nation Europas, Monsieur. Frankreich erlebt eine demographische Explosion sondergleichen. Bald werden 40 % aller Franzosen unter 25 sein. Die alte Lokomotive kommt wieder unter Dampf. Zu viel Dampf. Sie mu\u00df platzen.\u201c Ich mache ihn darauf aufmerksam, da\u00df die Mehrzahl zuschaut und eher auf dem letzten Loch pfeift. \u201eHier haben Sie das Abbild Frankreichs\u201c, sagt er.\u201e Auf diesem Platz. Das Abbild unserer Jugend. Zwanzig Prozent Patrioten. F\u00fcnfzehn Prozent Linke. Zehn Prozent Halbstarke und Verbrecher. Und die Zuschauer, die weichen, die lauwarm-vorsichtigen. Wenn ich jung w\u00e4re, w\u00fcrde ich drauflos schlagen.\u201c Aus seinem Knopfloch strahlt die rote Rosette der Ehrenlegion. Er tr\u00e4gt eine Baskenm\u00fctze. Die Schl\u00e4gerei ist zu Ende. Ich murmele ein paar h\u00f6fliche Worte und verabschiede mich. Die Jungen sollen mir selber sagen, was sie denken. Also. Ich zeige mich wieder auf der Terrasse. Es ist das Caf\u00e9 der Rechten. Man spricht erregt. Man kommentiert die Schlacht. \u201eDie Schwarzjacken k\u00f6nnten unsere Br\u00fcder sein.\u201c \u201eDie fressen die Schl\u00e4ge mit einem L\u00e4cheln.\u201c \u201eWenn die nur Ziele h\u00e4tten.\u201c \u201eVerbrecher.\u201c Ich versuche mich ins Gespr\u00e4ch zu mischen. Zweimal geht es schief. Man ignoriert mich einfach. Aber dann geht es los. Man flucht. Man schimpft. Man nennt mich einen Polizeispitzel, einen Provokateur, einen Kommunisten. Ein Schwein, wenn ich mich recht erinnere. \u201eJournalist.\u201c \u201eHa ha \u2013 die sind alle Schweine. K\u00e4ufliche Waschlappen\u2026\u201c \u201eMan k\u00f6nnte doch wenigstens diskutieren\u201c, meine ich. \u201eQuatsch. Die Zeit des Handelns ist gekommen. Hauen Sie ab.\u201c Ich haue ab. Auf der anderen Seite des Platzes ist das Caf\u00e9 der Linken. Ich zeige mich dort. Sie haben keine Terrasse. Sie sitzen in einem Glaskasten. \u00dcberall in Frankreich ist es das Gleiche: die Rechte liebt frische Luft, Gesundheit und pflegt ihr \u00c4u\u00dferes. Die Linke raucht und diskutiert in verqualmten Kneipen. Ich stelle mich vor. Man ist vorsichtig. Man will meine Papiere sehen und stellt viele Fragen. Dann werden drei ausgesucht. Wir setzen uns. Von Fotos wollen sie nichts wissen. \u201eF\u00fcr oder gegen die OAS. F\u00fcr oder gegen den Faschismus. Wir verteilen antifaschistische Flugbl\u00e4tter. Die anderen malen OAS an die W\u00e4nde und bilden Kommandos. Wir haben Gegenkommandos organisiert. Nicht nur zur Selbstverteidigung. Wir greifen jetzt an. Fr\u00fcher versuchten wir mit der Rechten zu diskutieren. Es ist sinnlos geworden. Die wollen nicht diskutieren. Die wollen Recht haben.\u201c \u201eHaben die nichts zu sagen?\u201c \u201eDoch. Immer dasselbe, die gleichen Schlagworte: die ewigen Werte Frankreichs. Wir, die Linke, wir sind die Saukerle, die Frankreichs Ideale verschachern, die Weiber, P\u00e4derasten, Schmutzfinken, Proleten, Kommunisten. Wie wollen Sie da noch einen Dialog zustande bringen. Toleranz ist Kapitulation, sagen sie. Es kann keine Diskussion geben.\u201c \u201eUnd ihr?\u201c \u201eWir zerbrechen uns den Kopf. Wir studieren die Probleme, die unsere technologische Revolution mit sich bringt und versuchen Antworten zu finden. Die Sie hier sehen, sind keine Kommunisten. Sie haben ein festes System und handeln wie die Rechte. Wir versuchen die Widerspr\u00fcche zu harmonisieren. Wir wollen Demokraten sein. Das ist nicht einfach, manchmal beneide ich die Jungs von dr\u00fcben. Es ist so einfach zu ‚glauben‘.\u201c Bis jetzt hat nur einer gesprochen. Ein anderer f\u00e4llt ihm ins Wort: \u201eUnd weil wir nachdenken, gibt es bei uns viele Gruppen. Die Linke ist keine Front. Sie besteht aus hundert Varianten des gleichen Themas: Wie organisieren wir unsere moderne Gesellschaft unter Beibehaltung der Freiheit?\u201c \u201eWenn Sie mich fragen: ich bin froh, da\u00df alle schlummernden Faschisten durch Algerien und die OAS in Bewegung kommen. Das zwingt uns, eine Front zu bilden und unsere Ziele klar zu definieren. Endlich.\u201c \u201eWollt ihr damit sagen, da\u00df es heute in Frankreich zwei fest umgrenzte Bl\u00f6cke gibt?\u201c frage ich. \u201eEs gibt einen soliden Block: die Rechte. Eine werdende Front: die Linke. Und dann gibt es die gro\u00dfe Gruppe der Langspielplattenspieler.\u201c \u201eLangspielplattenspieler?\u201c \u201eJa, alle die sich nicht engagieren und vorsichtig an ihrer Karriere basteln, w\u00e4hrend sie Musik h\u00f6ren.\u201c \u201eDie m\u00fcssen doch auch Ideen haben, selbst wenn sie nicht offen Stellung beziehen\u201c, sage ich. Jetzt wird die Diskussion lebhaft: Man kann sich nicht einigen. Ist die Mehrheit OAS-freundlich oder antifaschistisch? Andere Studenten kommen hinzu. \u201eAus blindem Antikommunismus k\u00f6nnen viele Faschisten werden\u201c, ruft einer dazwischen. Damit sind alle einverstanden. \u201eWir m\u00fcssen die gleichen Methoden anwenden wie unsere Gegner. Sie niederkn\u00fcppeln. Sie isolieren. Die Stra\u00dfe mu\u00df uns geh\u00f6ren.\u201c Laute Wortwechsel. Alles sprich durcheinander: \u201eIch bin kein Kommunist.\u201c \u2013 \u201eWohin f\u00fchrt das?\u201c \u2013 \u201eWeichlinge\u2026\u201c Man hat mich vergessen. Ich schaue noch eine Weile zu, wie die \u201ehundert Varianten des gleichen Themas\u201c sich nicht einig werden. Dann verlasse ich die Kneipe. Es ist Nacht. Zwei leichte Motorr\u00e4der fahren haarscharf an mir vorbei. Mit offenem Auspuff. F\u00fcnf folgen. Auf jedem sitzen zwei Schwarzjacken. Der L\u00e4rm ist unertr\u00e4glich. Sie machen den \u201ebluff \u00e0 la vitesse\u201c (den Bluff der Geschwindigkeit), wie sie es selber nennen. Der Krach soll Ihnen das Gef\u00fchl gro\u00dfer Geschwindigkeit geben. Wenn sie vierzig fahren, ist es viel. Aber sie haben die Haltung von Rennfahrern. Was suchen sie in L\u00e4rm, Gewalt, Geschwindigkeit, im Bluff gef\u00e4hrlich zu leben? \u2013 Nichts. \u2013 Sie fliehen. Sie rennen davon vor dem Leben, das sie nicht entziffern k\u00f6nnen. Sie k\u00f6nnen nicht verkraften, was sie nicht verstehen. L\u00e4rm und Gewalt bet\u00e4uben ihre Verzweiflung. Der Bluff erlaubt zu leben. Ich \u00fcberquere den Platz. Gruppen gehen ins Kino. P\u00e4rchen k\u00fcssen sich. In einer Telefonzelle scheint man sich nicht nur zu k\u00fcssen. Als ich langsam vor\u00fcbergehe, ruft der Junge: \u201eSale vicieux \u2013 Lustmolch. \u2013 Du m\u00f6chtest wohl auch ein bisschen abhaben?\u201c Das M\u00e4dchen kichert. Drei Gestalten kommen hinter den B\u00e4umen hervor. Ich gehe schneller. Eine der Gestalten geht in die Telefonzelle und l\u00f6st den Jungen ab. F\u00fcnfzig Meter weiter sitzen zwei M\u00e4dchen auf einer eleganten Caf\u00e9terrasse. Sie sind ungef\u00e4hr 20. \u201eJ’en ai marre \u2013 Ich habe die Nase voll\u201c, sagt die eine. \u201eInteressiert dich denn gar nichts mehr?\u201c \u201eSag mir, was der M\u00fche wert ist.\u201c \u201eDie Liebe?\u201c \u201eUne connerie \u2013 Eine Dummheit. Ich wei\u00df, wovon ich rede.\u201c \u201eEin Beruf?“ \u201eWozu?\u201c<\/p><\/p>\r\n
Rekruten des Faschismus<\/strong><\/p>\r\n<\/p>\r\n
Ich komme an meinen Wagen. Er steht nicht weit von dem Caf\u00e9 entfernt, aus dem ich rausgeschmissen wurde. Zwei Jungen warten auf mich. \u201eSie waren bei den Linken?\u201c \u201eJa.\u201c \u201eSie wollen diskutieren?\u201c \u201eJa.\u201c Ein Faustschlag erwischt mich im Magen. Zwei andere im Gesicht. Dann bin ich allein. In Paris habe ich mehr Gl\u00fcck. Hier ist die Lage nicht so angespannt wie in Montpellier, einer Hochburg der OAS. Ich habe mir vorgenommen, herauszufinden, was jene jungen Menschen denken, die eines Tages die Truppen des Faschismus werden k\u00f6nnten. F\u00fcnf Sch\u00fcler und Studenten dieser Tendenz haben sich bereit erkl\u00e4rt, meine Fragen zu beantworten. \u201eWir sind froh, da\u00df man in Deutschland endlich erf\u00e4hrt, was wir wollen. Was hier passiert, geht auch die deutsche Jugend an. Auch sie wird einsehen m\u00fcssen, da\u00df der Wohlstand keine Ideale ersetzen kann.\u201c \u201eEs fragt sich, welche\u2026\u201c Die f\u00fcnf Jungen setzen sich. Drei sind sehr sportlich. Zwei sehen aus wie typische Intellektuelle. Ihr Alter: zwischen 17 und 19. Ich frage: \u201eWelches ist f\u00fcr euch heute das Hauptproblem Frankreichs?\u201c A: \u201eDas Fehlen einer starken Regierung.\u201c B: \u201eDe Gaulle. Er macht das Spiel der Kommunisten. Wenn er lange an der Macht bleibt, m\u00fcssen die Gegens\u00e4tze sich zuspitzen. Er tr\u00e4gt die Demokratie zu Grabe, die schon lange im Sterben lag. Das ist nicht schlecht. Aber anstatt ein starkes System an ihre Stelle zu setzen, bereitet er die Katastrophe vor.\u201c C: \u201eEr entscheidet sich nicht. Weder f\u00fcr Demokratie noch f\u00fcr Diktatur. Er will ein Vater sein. Von denen haben wir genug.\u201c D: \u201eBald wird es nur noch die Kommunisten und uns geben.\u201c Ich werfe ein: \u201eDe Gaulle mag versuchen, seine Macht zu festigen, indem er die Linke hinzuzieht und somit sein Regime demokratisiert.\u201c B: \u201eWenn sich die Linke entscheidend an der Regierung beteiligt, f\u00e4llt die Armee endg\u00fcltig um. Sie geht zur OAS \u00fcber.\u201c A: \u201eDe Gaulle kann machen, was er will. Es liegt in der Natur der Dinge, in der ganzen Welt \u00fcbrigens: Die gro\u00dfe Auseinandersetzung wird zwischen uns und den Kommunisten ausgetragen.\u201c Ich sage: \u201eDas erstaunt mich. Auf meiner Reise durch Frankreich habe ich festgestellt, da\u00df wenigstens siebzig Prozent der Bev\u00f6lkerung kein politisches Interesse mehr zeigen.\u201c<\/p>\r\n
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Wir spucken auf ihre Gr\u00e4ber<\/strong><\/p>\r\n<\/p>\r\n
E: \u201eWie sollte es auch anders sein. Die Vierte Republik war eine Schweinerei. Sie hat die Politik entwertet. De Gaulle hat die Politik dann \u00fcberfl\u00fcssig gemacht. Sobald die Unpolitischen jedoch merken, da\u00df ihnen keine andere Wahl mehr bleibt als Kommunismus, Volksfront – wenn Sie wollen \u2013 oder OAS, dann wird der Gro\u00dfteil f\u00fcr die OAS sein. Glauben Sie mir. Genau wie die Armee.\u201c Ich frage: \u201eUnd wenn die Linke k\u00e4mpft? Generalstreik kann eine gef\u00e4hrliche Waffe sein.\u201c C: \u201eDie Gewerkschaften haben keinen Kampfgeist mehr. Vielleicht die katholischen Gewerkschaften. Aber glauben Sie, die w\u00fcrden f\u00fcr die Kommunisten ins Feuer gehen?\u201c \u201eF\u00fcr die Demokratie\u2026\u201c, sage ich. E: \u201eQuatsch. Davon hab\u2019 ich auch getr\u00e4umt. Sie ist nicht zu verwirklichen. Sie f\u00fchrt zur Dekadenz.\u201c A: \u201eEin Gewerkschaftler k\u00e4mpft nur, wenn er Hunger hat. Bei uns fri\u00dft jeder mehr, als er vertragen kann.\u201c Frage: \u201eIhr steht alle rechts\u2026\u201c Protestrufe. Alle reden zur gleichen Zeit. Ich fasse zusammen, was sie sagten: Sie sind keine \u201eReaktion\u00e4re\u201c. Das Wort verbitten sie sich. Sie geh\u00f6ren nicht zur traditionellen Rechten. Sie wollen Sozialismus. Ja, Kollektivierung des Bodens, wenn es sein mu\u00df, Zerschlagung des Gro\u00dfkapitals, die Liquidierung der Banken und ihrer Lakaien, der Politiker, wie sie sagen. Aber alles mu\u00df national sein. Patriotisch. Im Namen eines starken Frankreichs und seiner zivilisatorischen Mission. Sie wollen s\u00e4ubern. Nachdem der Sturm sich gelegt hat, frage ich, was sie unter Sauberkeit verstehen. E: \u201eAuf dem Lyzeum lernten wir erbauliche Geschichten. Da gibt es Jungen, die es vorziehen, ihre Hand von einem Fuchs fressen zu lassen, anstatt ihr Wort zu brechen. Und wenn man seinen Kopf hinhalten will, f\u00fcr ein gegebenes Wort oder eine Idee, dann schreien Mama, Papa und alle ihre Freunde: ‚Fais pas le con \u2013 Sei kein Idiot. Nur nicht auffallen. Schau, wo der Wind herkommt. Starrk\u00f6pfe kommen nicht vorw\u00e4rts.\u2019 \u201eVorw\u00e4rts\u2026 Wohin?\u201c A: \u201eJa. Und man liest \u201aTristan und Isolde‘ und all diesen K\u00e4se. Und wenn dein Schnurrbart sprie\u00dft, nimmt Papa dich zur Seite. Ein M\u00e4nnergespr\u00e4ch. Und du bist verflucht stolz. Er muschelt, da\u00df Liebe ja ganz sch\u00f6n sei, dass er aber den physischen Drang verstehe, der dir zu schaffen macht. Er ist ein wenig geniert, der gute Papa, aber er ist bereit, dir zu helfen. Es ergibt sich gerade, da\u00df er eine gute Adresse kennt. Ja, er kann dir sogar den Eintritt erleichtern. Ein Augenzwinkern: \u201aJa, Mutti liebe ich nat\u00fcrlich. Aber du verstehst. Das Leben. Man kann doch nicht immer das gleiche Gericht essen. Selbst wenn Beefsteak gut ist, braucht man mal ’ne Hammelkeule. Haha. Wir wissen doch, wir sind alle schwach. Unter M\u00e4nnern und so braucht man sich doch nichts vorzumachen. Haha.‘ \u2013 Wissen Sie, was passiert? Man kotzt.\u201c B: \u201eBei mir ist es genau umgekehrt. Wenn das Wort Sexualit\u00e4t f\u00e4llt, kriegen alle Genickstarre. Sowas ist vulg\u00e4r. Das ist nur f\u00fcr unsere Dienstm\u00e4dchen gut.\u201c C: \u201e Meine Mutter\u2026 Aber reden wir nicht von Frauen. Sie haben nur eine begrenzte Aufgabe in der Gesellschaft. Bleiben wir bei unseren V\u00e4tern. Meiner scheint mir typisch: Vor dem Krieg war er f\u00fcr die Volksfront. Als Offizier ri\u00df er vor den Deutschen aus, von Breda bis bei Bayonne. Dann war er Anh\u00e4nger P\u00e9tains und Kollaborateur. Im letzten Augenblick verriet er ein paar Freunde und kaufte sich bei den Gaullisten ein. Dann war er MRP, Sozialist, Unabh\u00e4ngiger. Warum aufz\u00e4hlen? Er heulte immer mit den W\u00f6lfen. Heute ist er nat\u00fcrlich Gaullist und flirtet bereits mit der OAS. Das gibt Hoffnung. Er hat immer ’ne gute Nase gehabt. \u2013 Packt Sie da nicht der Ekel? Weg mit diesen Verfaulten. Selbst wenn sie unsere V\u00e4ter sind. Wir spucken auf ihre Gr\u00e4ber\u2026\u201c<\/p>\r\n
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Mittelm\u00e4\u00dfigkeit geh\u00f6rt ins Gef\u00e4ngnis<\/strong><\/p>\r\n<\/p>\r\n
B: \u201eZugegeben. Mit 17 begeistert man sich leicht f\u00fcr gro\u00dfe Dinge. Aber man ist ebenso leicht bereit, sich umzubringen, wenn die Entt\u00e4uschungen unertr\u00e4glich sind. Oder man riskiert sein Leben f\u00fcr etwas Besseres. Das kommt aufs Gleiche ‚raus. Oder nicht?\u201c C: \u201eWir wollen M\u00e4nner, die uns f\u00fchren, keine V\u00e4ter, die uns verf\u00fchren.\u201c Ich frage: \u201eWas haltet ihr von der Liebe?\u201c E: \u201eSie stutzt die Fl\u00fcgel.\u201c D: \u201eWir brauchen gute M\u00fctter, keine Sentimentalit\u00e4t.\u201c \u201eUnd die Toleranz?\u201c A: \u201eIl y a des maisons pour \u00e7a, sagt Claudel. \u2014 Daf\u00fcr gibt es H\u00e4user.\u201c ( In Frankreich werden Bordelle \u201eH\u00e4user der Toleranz“ genannt.) E: \u201eWir brauchen Meister, die unsere Seelen wecken, keine Frauen. M\u00e4nner, die r\u00fccksichtslos gegen die Mittelm\u00e4\u00dfigkeit und den Materialismus vorgehen. Die Mittelm\u00e4\u00dfigkeit geh\u00f6rt ins Gef\u00e4ngnis. Wir haben die Nase voll von der Jugend \u00e0 la Fran\u00e7oise Sagan. Wir wollen auch keinen Humanismus \u00e0 la Tolstoi. Er f\u00fchrt zur Dekadenz. \u201eIhr seid Faschisten\u201c, sage ich. A: \u201eWas ist schlecht daran?\u201c Ich versuche, das Entstehen der Hitlerjugend zu erkl\u00e4ren, das Grauen, zu dem Intoleranz f\u00fchren kann. Ich deute nach Spanien. Es ist unn\u00fctz. Sie blieben ihren Idealen treu, sagen sie und gehen mit h\u00f6flichen Worten. Es gibt nat\u00fcrlich in Frankreich viele junge Menschen, die nicht so denken und ein ruhiges Leben f\u00fchren, wie \u00fcberall auf der Welt. Auch die jungen Katholiken, die Studenten der Gewerkschaften, die Linken bis zu den Kommunisten sind Minderheiten. Genau wie die Schwarzjacken. Zusammen machen die \u201eUnruhigen\u201c jedoch f\u00fcnfzig Prozent der franz\u00f6sischen Jugend aus. Sie erleben die Krise Frankreichs, anstatt sie zu ertragen. Sie haben alle eins gemeinsam: die Flucht vor dem Leben, das die heutige Gesellschaft ihnen aufzwingt. Um besser zu verstehen, haben wir P\u00e4dagogen, Priester und Soziologen befragt. Ich fasse zusammen, was sie uns \u00fcber die Krise der franz\u00f6sischen Jugend sagten: Es f\u00e4ngt mit dem Kind an. Der junge Mensch steht am Pier und will das Schiff besteigen, das ihn ins Leben f\u00fchren soll. Er tr\u00e4umt vom Gro\u00dfen. Er sucht ein Schicksal. Er will Hauptdarsteller sein in einem St\u00fcck, das seinem Leben Sinn gibt, nicht Statist. Unsere Gesellschaft kann mit diesen Tr\u00e4umen nichts anfangen. Sie will keine Helden. Sie braucht p\u00fcnktliche Arbeiter und Angestellte. Anstatt auf magische Schiff zu steigen, wird der Junge von der gro\u00dfen Maschine geschnappt. Sie schneidert ihn auf ihr Ma\u00df. Sie walzt ihn aus. Die gro\u00dfen Tr\u00e4ume fliegen in die M\u00fclleimer unserer Zivilisation. Ausschu\u00df. \u201eWelche Zivilisation?\u201c fragt er. \u2013 Sie bietet sich mit gro\u00dfen Worten an: Freiheit, Liebe deinen N\u00e4chsten, Toleranz, Fortschritt, G\u00fcte, Menschlichkeit, Liebe, Verst\u00e4ndnis. \u2013 Was findet er: zwei Kriege und 100 Millionen Tote in einer Generation. Ha\u00df, Verfolgung, Folter, Ausbeutung. \u201eSie sind unvermeidlich, um das Paradies zu schaffen\u201c, sagte man ihm, \u201eeine sch\u00f6nere Welt f\u00fcr unsere Kinder.\u201c Er tritt ins Paradies: ein klimatisiertes Kaufhaus. Hier stehen sie endlich, die echten G\u00f6tter, denen er dienen soll: Eisschr\u00e4nke, Fernsehger\u00e4te, Autos, Modellk\u00fcchen, Zelte, Transistoren. \u201eSei gl\u00fccklich\u201c, sagt man, \u201ewir haben dein Leben verbessert.\u201c Jetzt erkennt er endlich das Ziel aller Ziele, das magische Wort: Lebensstandard. Mehr essen, mehr trinken, mehr Bequemlichkeit, mehr Fett. Er st\u00fcrzt sich auf diese elenden Kr\u00fccken des Gl\u00fccks und fragt: \u201eIst das alles?\u201c \u2013 \u201eDas ist das Leben\u201c, antwortet man, \u201edu mu\u00dft dich anpassen.\u201c So ist die Welt nun einmal. Du willst mehr? Nat\u00fcrlich. Wir alle wollen mehr. Und wir haben mehr, viel mehr. Wir haben unser Innenleben, mein Junge. Sieh doch hin: Familie, Liebe, G\u00fcte, Religion, Kultur. Das \u00fcbt sich im kleinen Kreise, im stillen K\u00e4mmerlein. Und er schaut hin: Und er entdeckt die gleiche gro\u00dfe L\u00fcge. Die Erwachsenen leben nicht die Ideale, die sie ihm anpreisen. Es sind Aush\u00e4ngeschilder, hinter denen sie ihre Selbstsucht verstecken, ihre kleinen Verbrechen und die besch\u00e4menden Kompromisse mit dem \u201eLeben\u201c. Die Religionen? \u2013 Im Namen Gottes haben sie alle Schwerter gesegnet. Die politischen Parteien? \u2013 Rattenf\u00e4nger mit Wohlstandsfanfaren. Auch sie haben nur noch ein Programm: satter leben. Wenn der junge Mann die Inventur bis hierher abgeschlossen hat \u2013 bewu\u00dft oder unbewu\u00dft \u2013, kommt die Krise zum Ausbruch. Die Schwachen resignieren schnell. Sie ergeben sich kampflos und imitieren die Gro\u00dfen: Sie l\u00fcgen. Sie schl\u00e4ngeln sich durch. Sie vermeiden die Kanten. Sie h\u00f6ren Langspielplatten und m\u00f6blieren ihre Langeweile mit den Orden des Wohlstands. Die Starken suchen weiter. Sie wollen etwas verehren, an etwas glauben, f\u00fcr etwas leben. Die Zeit l\u00e4uft ab, und sie wollen nicht sterben, ohne gelebt zu haben. Wie? \u2013 Sie k\u00f6nnen es unm\u00f6glich allein finden. Aber sie k\u00f6nnen auch die Welt nicht akzeptieren. Und sie leben ihre \u201eSinnlosigkeit\u201c. In tausend Formen, die uns barbarisch oder l\u00e4cherlich erscheinen, fliehen sie vor dem Konflikt mit dem Leben. Das gilt nicht nur f\u00fcr die gro\u00dfen St\u00e4dte. Die D\u00f6rfer und St\u00e4dtchen Frankreichs sehen sonntags aus wie die Hauptstra\u00dfe von Sacramento (Kalifornien) zur Zeit des Goldrausches . Die S\u00f6hne von Arbeitern, Angestellten und wohlhabenden B\u00fcrgern mischen sich im gleichen Kost\u00fcm. Es gibt keine Klassenunterschiede mehr. Eine neue Klasse, die revoltierende Jugend, \u00fcberschwemmt die Stra\u00dfe. Mit ihrer Uniform \u2013 Bluejeans oder Elefantenhose, offenes Hemd, lange Haare \u2013 zeigt sie, da\u00df sie die Welt ablehnt, in der ein Schlips den Ruf bestimmt und ein Bankkonto das Gewissen. \u2013 Und wenn ihr Idol, Johnny Hallyday, mit seiner Gitarre erscheint, rei\u00dft sie die W\u00e4nde nieder und w\u00e4lzt sich am Boden.<\/p>\r\n
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Jugend an die Macht<\/strong><\/p>\r\n<\/p>\r\n
Die Bewu\u00dfteren wollen die Welt \u00e4ndern, um in ihr leben zu k\u00f6nnen. Sie machen Politik. Parteien mit Wohlstandsparolen haben keine Zugkraft. Sie suchen mehr als ein Programm. Sie suchen einen Glauben. Ein Teil findet ihn im Christentum. Er bildet in Frankreich die Vorhut der fortschrittlichen Jugend. Seine Haltung ist radikaler und konsequenter als die der Kommunisten. W\u00e4hrend des algerischen Krieges war er der lauteste F\u00fcrsprecher des Friedens. Ein anderer Teil wirft sich zun\u00e4chst dem Kommunismus in die Arme. Er stellt jedoch bald fest, da\u00df die L\u00fcge sich nicht auf den Westen beschr\u00e4nkt. Der Kommunismus ist kein Glaube mehr, kein Ideal. Ru\u00dfland ist, wie der Westen, ein gro\u00dfer Supermarkt geworden. Er hat das Wort des Apostels gegen die Beredsamkeit des Handelsreisenden eingetauscht. Osten wie Westen haben den gleichen Gott: den Lebensstandard. Es geht nicht mehr um eine Weltanschauung: Jeder z\u00e4hlt seine Waschmaschinen. Man wirft sich Statistiken an den Kopf. Man k\u00e4mpft um den Magen, nicht um den Menschen. Er sieht, da\u00df die russische Jugend revoltiert, genau wie er und aus \u00e4hnlichen Gr\u00fcnden. Die meisten dieser Jugendlichen verlassen deshalb den Kommunismus nach einigem Z\u00f6gern. Sie gehen in den linken Gruppen auf und in den Studentengewerkschaften. Sie sind mit der katholischen Jugend Frankreichs die einzigen, die die Welt nicht ablehnen, gleichzeitig jedoch versuchen, dieser Welt einen neuen Inhalt zu geben. Sie kapitulieren nicht wie die Schwachen. Sie bet\u00e4uben sich nicht mit L\u00e4rm und Gewalt. Sie k\u00e4mpfen. Andere wiederum suchen Schuldige f\u00fcr die gro\u00dfe L\u00fcge, mit der sie nicht fertig werden. Die Alten, die Juden, die Freimaurer, die Kommunisten und Dekadenten, alle, die nicht ihren Begriff von Ehre und Gr\u00f6\u00dfe teilen, sind ihre Feinde. Sie wollen s\u00e4ubern, reinemachen, die Luft wieder atmen k\u00f6nnen, in der sie leben m\u00fcssen. Sie wollen eine Mission. Ein fest umrissenes Ziel. Diese Jungen sind es, die nachts \u00fcber die Mauern ihrer Pensionate klettern und Bomben legen. Die OAS bietet ein Ziel. Den heldischen Einsatz. \u201eVergessen Sie nicht\u201c, sagte mir ein Soziologe, \u201eda\u00df es keinen Hitler geben konnte ohne die politische Ausbeutung dieses nat\u00fcrlichen Drangs der Jugend nach gro\u00dfen Idealen. Und in einer Welt, in der man Weltanschauung durch Wohlstand ersetzen will, mu\u00df er die verscharrten G\u00f6tter eines Tages zum Aufstand dr\u00e4ngen. Der deutsche Faschismus lebte durch einen Impuls: die Jugend an die Macht. In Frankreich stehen wir heute vor der gleichen Gefahr. Die Krise der Demokratie treibt die Jugend mehr denn je zu Extremen. Sie ist eher bereit zu sterben, als verlogen zu leben. Alles eher, als die Welt ertragen.<\/p>\r\n
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Stern, Heft 28, 15. Juli 1962 Frankreichs Jugend meutert. Sie f\u00fchlt sich von den Alten betrogen. Gordian Troeller und Claude Deffarge berichten \u00fcber das Generationenproblem in unserem Nachbarland Frankreich Unrast beherrscht die Jugend. Diese M\u00e4dchen fliehen hilflos in ein bitteres \u201es\u00fc\u00dfes Leben“ Sehnsucht nach Koppeln, Bluejeans und schwarzen Lederjacken. Dieses H\u00e4ufchen Mann tr\u00e4umt jetzt schon…<\/p>\n","protected":false},"author":1,"featured_media":61969,"parent":54081,"menu_order":2,"comment_status":"closed","ping_status":"closed","template":"","meta":{"_seopress_robots_primary_cat":"","_seopress_titles_title":"","_seopress_titles_desc":"","_seopress_robots_index":"","footnotes":""},"categories":[503],"tags":[],"class_list":["post-54085","page","type-page","status-publish","has-post-thumbnail","hentry","category-frankreich","entry","has-media"],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/54085"}],"collection":[{"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/pages"}],"about":[{"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/types\/page"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/users\/1"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=54085"}],"version-history":[{"count":5,"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/54085\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":65236,"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/54085\/revisions\/65236"}],"up":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/54081"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/media\/61969"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=54085"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=54085"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=54085"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}