{"id":54140,"date":"2017-03-11T14:18:09","date_gmt":"2017-03-11T13:18:09","guid":{"rendered":"http:\/\/www.troeller-deffarge.com\/?page_id=54140"},"modified":"2024-02-15T13:30:19","modified_gmt":"2024-02-15T12:30:19","slug":"mit-sklaven-unterwegs","status":"publish","type":"page","link":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/zeitungsreportagen\/aufstande-und-freiheitskampfe\/mit-sklaven-unterwegs\/","title":{"rendered":"Mit Sklaven unterwegs (Arabien)"},"content":{"rendered":"
Stern, Heft 14, 5. April 1964 <\/em><\/p> \u00dcber eine Million Menschen leben heute noch als Sklaven. In Afrika, in Asien. Teils gezwungen, teils freiwillig. Wie sie leben, schildert dieser Bericht.<\/em><\/strong><\/p> Ich habe sie gesehen und mit ihnen gesprochen: Sklaven \u2013 M\u00e4nner und Frauen, die wie Haustiere einem anderen Menschen geh\u00f6ren. Kinder, die von ihrer Mutter getrennt werden k\u00f6nnen wie kleine Hunde oder Katzen, weil sie als Sklaven zur Welt kommen, als Eigentum des Besitzers ihrer Eltern. Ich traf sie in Saudi-Arabien, im Jemen, in Afrika, in Persien. Wie die Menschen auf diesen Bildern werden sie \u00f6ffentlich verkauft oder heimlich verfrachtet, zur Arbeit gezwungen oder zum Vergn\u00fcgen.
Zwar gibt es nur noch wenige L\u00e4nder der arabischen Halbinsel, in denen das Gesetz die Sklaverei erlaubt. Selbst Saudi-Arabien hat sie 1962 abgeschafft \u2013 offiziell, auf dem Papier. In Wirklichkeit bl\u00fcht der Handel mit Menschen wie kaum zuvor. Und das Gesch\u00e4ft ist eintr\u00e4glicher geworden. Die Preise sind gestiegen. \u00d6ltantiemen und Wirtschaftshilfe haben die Kaufkraft der Liebhaber und Kunden erh\u00f6ht. Die neuen h\u00f6heren Preise haben den heimlichen H\u00e4ndlern das Risiko wieder schmackhaft gemacht. Ein Sklave, der vor zehn Jahren rund tausend Mark wert war, verkauft sich heute f\u00fcr das F\u00fcnf- bis Zehnfache, wenn man ihn gesund zur arabischen Halbinsel hin\u00fcberbringt.
Mit der Konjunktur ist aber auch die Vorsicht der H\u00e4ndler und ihrer Komplicen gestiegen. Es ist nicht leicht, ja sogar gef\u00e4hrlich, seine Nase in ihre Gesch\u00e4fte zu stecken.
Vor wenigen Wochen noch wurden zwei franz\u00f6sische Lehrer aus Algerien ausgewiesen. Sie hatten gegen den Sklavenhandel protestiert. In Tindouf, an der algerisch-marokkanischen Grenze, hatten sie gesehen, wie schwarze Sklaven gehalten, geraubt oder verkauft wurden. Sie hatten besonders auf den Fall der kleinen Auicha aufmerksam gemacht, die siebenj\u00e4hrige Tochter des Sklaven Muissa. Der Besitzer ihres Vaters hatte sie verkauft. Als die beiden Franzosen die lokalen Beh\u00f6rden aufforderten, diesen Handel zu unterbinden, wurden sie des Landes verwiesen. Die Komplicen der H\u00e4ndler sitzen in den h\u00f6chsten Stellungen.
Englische Reisende wurden aus Marokko ausgewiesen, weil sie zu auff\u00e4llig nach Beweisen des Sklavenhandels fahndeten.
Ein Amerikaner hatte es fertiggebracht, sich heimlich nach Mekka zu schleichen, der heiligen Stadt des Islam, deren Zugang jedem Christen untersagt ist. Er wollte den Markt fotografieren, auf dem schwarze Sklaven zum Kauf angeboten werden. Er wurde entdeckt und in St\u00fccke gerissen.
Die Liste derer, die ermordet, eingesperrt oder ausgewiesen wurden, weil sie den Sklavenh\u00e4ndlern zu nah auf den Fersen waren, ist erschreckend gro\u00df.<\/p>