{"id":54147,"date":"2017-03-11T14:18:09","date_gmt":"2017-03-11T13:18:09","guid":{"rendered":"http:\/\/www.troeller-deffarge.com\/?page_id=54147"},"modified":"2020-05-05T09:40:58","modified_gmt":"2020-05-05T07:40:58","slug":"naechte-ohne-pardon-palaestina","status":"publish","type":"page","link":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/zeitungsreportagen\/aufstande-und-freiheitskampfe\/naechte-ohne-pardon-palaestina\/","title":{"rendered":"N\u00e4chte ohne Pardon (Pal\u00e4stina)"},"content":{"rendered":"
Stern, Heft 11, 13. M\u00e4rz 1969 <\/em><\/p> Im Nahen Osten droht ein neues Vietnam. Nacht f\u00fcr Nacht dringen Kommandos der Untergrundorganisation El-Fatah in Israel und die besetzten Gebiete ein. Die Partisanen nennen sich Fedajin, \u201edie Opferbereiten\u201c. Ihre Verluste sind hoch. Dennoch bilden sie heute f\u00fcr Israel eine gr\u00f6\u00dfere Gefahr als die regul\u00e4ren Armeen der arabischen Staaten.<\/em><\/strong><\/p> In Amman, der Hauptstadt von Jordanien, setzen wir uns ins erstbeste Taxi und sagen: \u201eZur El-Fatah, bitte!\u201c Das klingt wie ein Scherz. El-Fatah ist die gr\u00f6\u00dfte der f\u00fcnf arabischen Untergrund-Organisationen, die Israel im Augenblick schwer zu schaffen machen. Und \u201eUntergrund\u201c m\u00fc\u00dfte logischerweise \u201eHeimlichkeit\u201c bedeuten.
Aber unser Chauffeur nickt nur, und wenige Minuten sp\u00e4ter halten wir vor einem modernen Haus auf einem der H\u00fcgel von Amman. Vor der T\u00fcr stehen ein paar M\u00e4nner mit Maschinenpistolen. Hinter gro\u00dfen Schreibtischen sitzen kompetent aussehende Herren in Zivil. Alles funktioniert wie in einem Informationsministerium. Wir m\u00fcssen Formulare ausf\u00fcllen, Pa\u00dfbilder abgeben und werden \u2013 nachdem wir Empfehlungsschreiben vorgelegt haben \u2013 offiziell akkreditiert.
Von jetzt an steht uns der Abh\u00f6rdienst der El-Fatah zur Verf\u00fcgung, der die Sendungen der gro\u00dfen Radiostationen der Welt abh\u00f6rt. Wir d\u00fcrfen auch die Ausbildungslager und Operationsbasen in Jordanien besuchen, die \u00fcber Funk von unserem Kommen unterrichtet werden.
Noch nie haben wir eine so gut funktionierende Widerstandsbewegung gesehen. Wenn wir nicht w\u00fc\u00dften, da\u00df wir uns in der Hauptstadt des K\u00f6nigreiches Jordanien befinden, w\u00fcrden wir uns in einem El-Fatah-Staat d\u00fcnken. Auf den Stra\u00dfen patrouilliert die Milit\u00e4rpolizei dieser Organisation. In allen St\u00e4dten und D\u00f6rfern des Landes unterh\u00e4lt sie B\u00fcros, Guerillatruppen und Kontrollstationen. Ihre Ausbildungslager sind \u00fcbers ganze Land verstreut. Von der syrischen Grenze bis zum Golf von Akaba \u2013 wenige Kilometer von israelischem Gebiet entfernt \u2014 liegt eine Kette geheimer Operationsbasen, aus denen jede Nacht Kommandoangriffe gegen Israel vorgetragen werden.
Wo das eigentliche Hauptquartier der Bewegung liegt, wissen nur wenige Eingeweihte. Aus Sicherheitsgr\u00fcnden scheint es auf verschiedene Orte verteilt zu sein. Die in Amman anwesenden F\u00fchrer der El-Fatah sind hingegen bereit, sich mit uns zu treffen. Sie brennen sogar darauf, denn sie wollen vor allem wissen, welche Erfahrungen wir bei Guerillak\u00e4mpfern in anderen Teilen der Welt gesammelt haben. Da wir viele besucht haben, ziehen sich die n\u00e4chtlichen Diskussionen jedesmal bis zum Morgengrauen hin.<\/p>