{"id":54147,"date":"2017-03-11T14:18:09","date_gmt":"2017-03-11T13:18:09","guid":{"rendered":"http:\/\/www.troeller-deffarge.com\/?page_id=54147"},"modified":"2020-05-05T09:40:58","modified_gmt":"2020-05-05T07:40:58","slug":"naechte-ohne-pardon-palaestina","status":"publish","type":"page","link":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/zeitungsreportagen\/aufstande-und-freiheitskampfe\/naechte-ohne-pardon-palaestina\/","title":{"rendered":"N\u00e4chte ohne Pardon (Pal\u00e4stina)"},"content":{"rendered":"

Stern, Heft 11, 13. M\u00e4rz 1969 <\/em><\/p>

Im Nahen Osten droht ein neues Vietnam. Nacht f\u00fcr Nacht dringen Kommandos der Untergrundorganisation El-Fatah in Israel und die besetzten Gebiete ein. Die Partisanen nennen sich Fedajin, \u201edie Opferbereiten\u201c. Ihre Verluste sind hoch. Dennoch bilden sie heute f\u00fcr Israel eine gr\u00f6\u00dfere Gefahr als die regul\u00e4ren Armeen der arabischen Staaten.<\/em><\/strong><\/p>

In Amman, der Hauptstadt von Jordanien, setzen wir uns ins erstbeste Taxi und sagen: \u201eZur El-Fatah, bitte!\u201c Das klingt wie ein Scherz. El-Fatah ist die gr\u00f6\u00dfte der f\u00fcnf arabischen Untergrund-Organisationen, die Israel im Augenblick schwer zu schaffen machen. Und \u201eUntergrund\u201c m\u00fc\u00dfte logischerweise \u201eHeimlichkeit\u201c bedeuten.
Aber unser Chauffeur nickt nur, und wenige Minuten sp\u00e4ter halten wir vor einem modernen Haus auf einem der H\u00fcgel von Amman. Vor der T\u00fcr stehen ein paar M\u00e4nner mit Maschinenpistolen. Hinter gro\u00dfen Schreibtischen sitzen kompetent aussehende Herren in Zivil. Alles funktioniert wie in einem Informationsministerium. Wir m\u00fcssen Formulare ausf\u00fcllen, Pa\u00dfbilder abgeben und werden \u2013 nachdem wir Empfehlungsschreiben vorgelegt haben \u2013 offiziell akkreditiert.
Von jetzt an steht uns der Abh\u00f6rdienst der El-Fatah zur Verf\u00fcgung, der die Sendungen der gro\u00dfen Radiostationen der Welt abh\u00f6rt. Wir d\u00fcrfen auch die Ausbildungslager und Operationsbasen in Jordanien besuchen, die \u00fcber Funk von unserem Kommen unterrichtet werden.
Noch nie haben wir eine so gut funktionierende Widerstandsbewegung gesehen. Wenn wir nicht w\u00fc\u00dften, da\u00df wir uns in der Hauptstadt des K\u00f6nigreiches Jordanien befinden, w\u00fcrden wir uns in einem El-Fatah-Staat d\u00fcnken. Auf den Stra\u00dfen patrouilliert die Milit\u00e4rpolizei dieser Organisation. In allen St\u00e4dten und D\u00f6rfern des Landes unterh\u00e4lt sie B\u00fcros, Guerillatruppen und Kontrollstationen. Ihre Ausbildungslager sind \u00fcbers ganze Land verstreut. Von der syrischen Grenze bis zum Golf von Akaba \u2013 wenige Kilometer von israelischem Gebiet entfernt \u2014 liegt eine Kette geheimer Operationsbasen, aus denen jede Nacht Kommandoangriffe gegen Israel vorgetragen werden.
Wo das eigentliche Hauptquartier der Bewegung liegt, wissen nur wenige Eingeweihte. Aus Sicherheitsgr\u00fcnden scheint es auf verschiedene Orte verteilt zu sein. Die in Amman anwesenden F\u00fchrer der El-Fatah sind hingegen bereit, sich mit uns zu treffen. Sie brennen sogar darauf, denn sie wollen vor allem wissen, welche Erfahrungen wir bei Guerillak\u00e4mpfern in anderen Teilen der Welt gesammelt haben. Da wir viele besucht haben, ziehen sich die n\u00e4chtlichen Diskussionen jedesmal bis zum Morgengrauen hin.<\/p>

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Die letzte Zigarette vor dem Einsatz: auf dem \u00f6stlichen Ufer des Jordans macht sich ein arabischer Sto\u00dftrupp zum Angriff fertig<\/em><\/figcaption><\/figure>


Wir wissen nie genau, wen wir vor uns haben. Jeder, der in die El-Fatah eintritt, gibt seinen alten Namen auf und bekommt einen neuen. Niemand hat das Recht, \u00fcber sich und seine Vergangenheit zu sprechen. Die typisch arabische Geheimniskr\u00e4merei dr\u00fcckt sich sogar in der Bezeichnung der Bewegung aus. El-Fatah mu\u00df r\u00fcckw\u00e4rts gelesen werden, um das Ziel ihrer Gr\u00fcnder zu verraten: Hataf = Harakat Tahrir Falastin, das hei\u00dft: Bewegung zur Befreiung Pal\u00e4stinas. Die Anfangsbuchstaben HTF stehen f\u00fcr \u201eTod\u201c, und El-Fatah, von vorn gelesen, bedeutet \u201eEroberung\u201c.
Nur der Sprecher der Organisation, Yasir Arafat, ist unter seinem wirklichen Namen bekannt, weil El-Fatah einen offiziellen Wortf\u00fchrer braucht. Sein \u201eDeckname\u201c ist Abu Amar. Die Karriere dieses Mannes spiegelt das Schicksal vieler Fedajin wieder. So nennen sich die Guerilleros. (Fedajin bedeutet: die zum Opfer bereit sind.)
Arafat wurde in Jerusalem in der N\u00e4he der Klagemauer als Sohn eines wohlhabenden Pal\u00e4stinensers geboren. Nachdem er als Junge am ersten israelisch-arabischen Krieg 1948 teilgenommen hat, mu\u00df er fliehen. In Kairo wird er Ingenieur. Aber das gen\u00fcgt ihm auf die Dauer nicht. Er will seine Heimat zur\u00fcckerobern. Zun\u00e4chst mit der Feder an einer pal\u00e4stinensischen Zeitschrift in Kuwait. Dann mit der Waffe. In Kairo geht er auf die Milit\u00e4rakademie. Sein Spezialgebiet: Sabotage. Als der zweite israelisch-arabische Krieg im Jahre 1956 ausbricht, ist er Leutnant an der Sinai-Front.
Die Niederlage der \u00e4gyptischen Armee verst\u00e4rkt Arafats \u00dcberzeugung, da\u00df die Araber Israel niemals mit konventionellen Armeen schlagen k\u00f6nnen. Er gr\u00fcndet El-Fatah und beginnt Guerilleros zu organisieren. Nach dem letzten israelisch-arabischen Krieg schleppen sie Maschinengewehre, Granaten, Karabiner und Granatwerfer von den Schlachtfeldern des Sinai in ihre geheimen Verstecke nach Jordanien.<\/p>

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Yasir Arafat, 39, ist der offizielle Sprecher der El-Fatah. Das Wort \u201eChef\u201c liebt er nicht<\/em>

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Eine kleine Volksarmee entsteht. Die arabischen Massen begeistern sich f\u00fcr diese tollk\u00fchnen Kerle, die den Kampf gegen Israel ohne die Unterst\u00fctzung der arabischen Regierung weiterf\u00fchren, und viele junge Pal\u00e4stinenser wollen dabei sein. Zum erstenmal seit zwanzig Jahren ersteht dem vertriebenen Volkes der Pal\u00e4stinenser eine Bewegung, die in seinem Namen spricht und k\u00e4mpft.
Anfang Februar ist Yasir Arafat zum Pr\u00e4sidenten des Dachverbandes verschiedener pal\u00e4stinensischer Widerstandsgruppen gew\u00e4hlt worden. Nur die marxistische \u201eVolksfront f\u00fcr die Befreiung Pal\u00e4stinas\u201c (PFLP) bleibt dem Zusammenschlu\u00df fern. Im Gegensatz zu den \u00fcbrigen ausschlie\u00dflich pal\u00e4stinensischen Organisationen, ist die \u201eFront\u201c die Zweiggruppe einer panarabischen Bewegung. F\u00fcr sie ist die Befreiung Pal\u00e4stinas kein Endziel, sondern nur eine Etappe auf dem Wege zur \u201earabischen Revolution\u201c.
Die drei \u00dcberf\u00e4lle auf Maschinen der israelischen Fluggesellschaft \u201eEl Al\u201c wurden von der \u201eVolksfront\u201c organisiert. Sie will den Kampf gegen Israel \u00fcberall f\u00fchren, um die Massen in allen arabischen Staaten zu gewinnen. Die El-Fatah hingegen verurteilt ausdr\u00fccklich diese Terrorakte. Sie erkl\u00e4rt, da\u00df sie den Aktionsbereich gegen Israel ausschlie\u00dflich auf pal\u00e4stinensisches Gebiet beschr\u00e4nken will.
Um das zu sehen, sind Claude Deffarge und ich nach Jordanien gekommen. Wir wollen ein El-Fatah-Kommando im Einsatz in Israel begleiten \u2013 als Guerillakorrespondenten.<\/p>

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Die Ausbildung ist so hart wie der Kampf<\/strong><\/em><\/p>

Rund 10.000 Freisch\u00e4rler werden zur Zeit in den Lagern der El-Fatah in Jordanien gedrillt. Sold erhalten sie daf\u00fcr nicht. Die Ausbildung dauert drei bis sechs Monate. Sie ist ebenso hart wie die der israelischen Fallschirmj\u00e4ger. Der Sprung durch die Feuerwand Ist die leichteste \u00dcbung<\/em><\/p>

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Wer Angst hat, scheidet aus<\/em><\/strong><\/p>

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Schon die Kinder im Fl\u00fcchtlingslager werden zum Kampf gegen Israel erzogen. Zu den Mutproben geh\u00f6rt eine \u00dcbung, bei der die Jungen aus vier Meter H\u00f6he mit dem Kopf voran zur Erde gleiten. Die Besten kommen mit 16 Jahren zu den Kommandos der \u201eFedajin\u201c<\/em><\/p>

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Von Tag zu Tag werden wir vertr\u00f6stet \u2013 und dann hei\u00dft es pl\u00f6tzlich: \u201eDie Israelis haben ein Grenzdorf mit Phosphorbomben belegt. Wollt ihr es sehen?\u201c
\u201eNat\u00fcrlich \u2013 aber wir wollen mehr.\u201c
\u201eAlles zu seiner Zeit.\u201c
Wir machen uns auf den Weg. Eigenartig erscheint uns, da\u00df Achmed, einer der leitenden M\u00e4nner der El-Fatah, uns pers\u00f6nlich begleitet. Auch kommt uns die Pistole nicht ganz geheuer vor, die er sorgf\u00e4ltig reinigt. Eine russische Tokarew chinesischer Fabrikation.
Von Amman aus geht es nach Nordosten in Richtung Irbid \u2013 an den r\u00f6mischen Ruinen von Dschersach vorbei, in deren Schatten ein riesiges Fl\u00fcchtlingslager vom Elend des pal\u00e4stinensischen Volkes zeugt. Zwanzigtausend Vertriebene hausen unter schneebedeckten Zelten.
\u201eVerstehen Sie jetzt, warum diese Menschen f\u00fcr ihre Heimat k\u00e4mpfen wollen?\u201c fragt Achmed. \u201eDie leben seit zwanzig Jahren im Dreck. Ohne Zukunft. Unsere Fedajin kommen aus diesen Lagern.\u201c<\/p>

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Wer den Kopf hebt, ist tot<\/strong><\/p>

Bei allen \u00dcbungen wird scharf geschossen. Kugel pfeifen \u00fcber den Stacheldraht. Handgranaten explodieren in unmittelbarer N\u00e4he. Oft gibt es Tote. Die erlaubte Verlusth\u00f6he: zwanzig Prozent<\/em> *<\/p>

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Wir passieren die Kontrollpunkte der jordanischen Armee ohne Schwierigkeiten. Es gen\u00fcgt \u201eEl-Fatah\u201c zu fl\u00fcstern. Wahrlich ein magisches Wort in diesem Land.
Irbid lebt wie im tiefsten Frieden. Gesch\u00e4fte baden im Neonlicht. Esel, Karren und Autos bahnen sich l\u00e4rmend ihren Weg durch den dichten Verkehr. Da\u00df die israelischen Truppen nur 25 Kilometer entfernt liegen, scheint niemanden zu st\u00f6ren.
Einige Kilometer weiter machen wir in einem geheimen Hauptquartier der El-Fatah halt.
Ein altes Bauernhaus vor einer Felswand. Im Vorzimmer liegen etwa zwanzig Fedajin in Decken gewickelt und schlafen. Telefone klingeln. Funkger\u00e4te ticken. Alles l\u00e4uft wie am Schn\u00fcrchen. Der kommandierende Leutnant, ein junger Marlon-Brando-Typ, wurde auf der Polizeiakademie in Kairo ausgebildet.
In den Ecken h\u00e4uft sich die Beute der Kommandos: Patronen, Granaten und Pistolen \u201emade in Israel\u201c. Ein taubstummer Fedajin bringt uns t\u00fcrkischen Kaffee, und dann hei\u00dft es:\u201eHeute nacht dringen wir in israelisches Gebiet ein. Wollt ihr mitkommen?\u201c
Da sitzen wir nun in einfacher Stra\u00dfenkleidung, nicht ausger\u00fcstet und ohne die hochempfindlichen Filme f\u00fcr Nachtaufnahmen. Und das nur, weil wir aus \u201eSicherheitsgr\u00fcnden\u201c nicht hatten informiert werden d\u00fcrfen. Wir sagen trotzdem \u201eja\u201c, und man schreibt gewissenhaft auf, wer zu verst\u00e4ndigen ist, falls wir nicht zur\u00fcckkommen. P\u00e4sse, Geld und Papiere werden in Verwahrung genommen. Dann geht es los. Zun\u00e4chst im Landrover, mit gel\u00f6schten Scheinwerfern. Sieben Fedajin und Achmed begleiten uns. In Sichtn\u00e4he der Grenze gehen wir zu Fu\u00df weiter. Vor uns, in den Bergen Galil\u00e4as, funkeln die Lichter der befestigten Kibbuzim. Zum Greifen nah, in der mondhellen Nacht. \u00dcber israelischem Gebiet wird es pl\u00f6tzlich taghell. Leuchtgranaten sinken langsam zur Erde. Maschinengewehre knattern. Granaten explodieren. \u201eEine kleine Begegnung zwischen unseren Kommandos und den Israelis\u201c, kommentiert der Leutnant.
W\u00e4hrend wir zum Jordan hinunterschleichen, geht es auch zur Linken los. Selbst weit im Innern Israels wird geschossen. Vor dem phantastischen Hintergrund der galil\u00e4ischen Berge bietet sich der n\u00e4chtliche Kampf der Fedajin gegen die Israelis wie auf Breitwand dar.
Jetzt waten wir selbst durch den Flu\u00df. Hier am Oberlauf ist der Jordan seicht. Auf dem anderen Ufer gehen vier M\u00e4nner mit Minensuchger\u00e4ten voraus. Zehn Minuten sp\u00e4ter fallen auch bei uns die ersten Sch\u00fcsse. Wir werfen uns zu Boden. Nichts r\u00fchrt sich mehr. Auch die vorausgeschickten Fedajin kommen nicht zur\u00fcck. Leise schleicht jetzt auch Achmed mit zwei M\u00e4nnern davon. Als einziger Besch\u00fctzer bleibt ausgerechnet der Taubstumme, der uns im Hauptquartier den Kaffee serviert hat.
\u201eAlbert, ha-arawim\u201c (Albert, die Araber), schallt es pl\u00f6tzlich auf hebr\u00e4isch durch die Nacht. Albert, Albert, ha-arawim . . . \u201c
Als Antwort explodiert eine Granate. Die Fedajin antworten mit Maschinenpistolen. Unsere Patrouille ist in eine Falle gegangen. Der Leutnant liegt im Mittelpunkt eines Dreiecks, das von einem Betonbunker und zwei von Sands\u00e4cken gesch\u00fctzten Unterst\u00e4nden gebildet wird. Seine Lage scheint aussichtslos zu sein. Aber pl\u00f6tzlich dr\u00f6hnt es, da\u00df selbst unser taubstummer Besch\u00fctzer aufhorcht. Die Granate einer RPG-7, einer russischen Panzerfaust, explodiert zwischen den Sands\u00e4cken des zur Rechten gelegenen Postens.
\u201eAlbert, Albert\u201c, hallt es wieder durch die Nacht. Sekundenlang herrscht Totenstille. Ein israelischer Soldat hat seinen Kameraden verloren. Bevor er selbst wieder zur Waffe greift, kann der pal\u00e4stinensische Leutnant sich am zerst\u00f6rten Unterstand vorbei in Sicherheit bringen. Vier seiner M\u00e4nner decken seinen fluchtartigen R\u00fcckzug.
\u201eDas war kein gro\u00dfer Erfolg\u201c, sage ich, als wir wieder geborgen in unserem Wagen sitzen.
\u201eDas war nur ein Ablenkungsman\u00f6ver\u201c, erkl\u00e4rt Achmed, \u201edamit andere Kommandos durchkommen. Schauen Sie doch.\u201c
In der Tat, etwa zwanzig Kilometer innerhalb Israels brennt es lichterloh.<\/p>

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Opfer das des israelischen Angriffs auf das Guerillalager Karameh<\/em><\/figcaption><\/figure><\/div>
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Israel schl\u00e4gt zur\u00fcck: Vergeltungsangriff auf die Stadt Irbid<\/em>

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Als wir ins Hauptquartier zur\u00fcckgekehrt sind, steht f\u00fcr unsere leeren und immer noch verkrampften M\u00e4gen ein dampfendes Schischkebab bereit.
\u201eWenn wir Israel angreifen, so geschieht es aus Notwehr\u201c, versucht der Leutnant uns zu erkl\u00e4ren. \u201eNur so k\u00f6nnen wir der Welt in Erinnerung bringen, da\u00df ein ganzes Volk schuldlos vertrieben worden ist. Da niemand uns eine Stimme zugesteht, k\u00f6nnen wir uns nur mit den Waffen Geh\u00f6r verschaffen.\u201c
\u201eUnd die Juden ins Meer jagen\u201c, sage ich.
\u201eNiemals\u201c, sagt Achmed mit Nachdruck. \u201eDas sind unsere Br\u00fcder. Wir sind alle Semiten und m\u00fcssen zusammenleben. Aber vorher mu\u00df der Zionismus zerschlagen werden. Er ist verantwortlich \u2013 nicht die Juden. Um den Judenmord in Deutschland zu beenden, brauchte man auch nicht die Deutschen ins Meer zu treiben. Es gen\u00fcgte, Hitlers Regime zu st\u00fcrzen. Wir wollen niemanden umbringen. Wir werden beweisen, da\u00df zwanzig Jahre Exil und Elend uns nicht zu Unmenschen gemacht haben.\u201c
\u201eDie Herren Schukeiri und Nasser sprachen noch unl\u00e4ngst eine v\u00f6llig andere Sprache\u201c, werfe ich ein.
\u201eWir sind El-Fatah\u201c, sagt er stolz. \u201eWir haben nie anders gesprochen. Viele unserer M\u00e4rtyrer hatten j\u00fcdisches Blut. Juden schicken uns Geld. Juden wollen mit uns k\u00e4mpfen, und wir nehmen sie an.\u201c<\/p>

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>Wir haben nichts zu verlieren au\u00dfer den Zelten, in denen wir seit 20 Jahren leben<<\/strong>
\u00dcber eine halbe Million Fl\u00fcchtlinge aus Pal\u00e4stina leben in solchen Lagern, viele von ihnen seit 20 Jahren. Diese heimatlose Masse ist ein unersch\u00f6pfliches Menschenreservoir f\u00fcr El-Fatah. Eine weitere Million Pal\u00e4stina-Fl\u00fcchtlinge lebt au\u00dferhalb der Lager in den arabischen L\u00e4ndern. Sie spenden das Geld f\u00fcr die Waffen der El-Fatah<\/em><\/figcaption><\/figure>
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Das Wasser in den Fl\u00fcchtlingslagern wird in Amphoren aufbewahrt. Es gibt keine Leitungen<\/em><\/figcaption><\/figure><\/div>
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Seuchen und Unterern\u00e4hrung: Geiseln der Fl\u00fcchtlingslager<\/em><\/figcaption><\/figure><\/div>


Ich bastele an einer chinesischen Maschinenpistole herum. Neben mir steht ein russischer Granatwerfer.
\u201eIhr scheint m\u00e4chtige Freunde zu haben\u201c, sage ich.
\u201eWir bekommen unsere Waffen weder von Ru\u00dfland noch von China\u201c, erkl\u00e4rt Achmed. \u201eWir kaufen sie mit unserem Geld. Alle Pal\u00e4stinenser helfen uns. Die Reichen in Kuwait und Saudi-Arabien und die Armen in ihren Lagern. Unsere Revolution ist v\u00f6llig unabh\u00e4ngig.\u201c
Tats\u00e4chlich haben die Kommunisten gegen die pal\u00e4stinensischen Widerstandsbewegungen Stellung bezogen. Auch die Vermittlung der Gro\u00dfm\u00e4chte wird von El- Fatah zur\u00fcckgewiesen, da sie die Existenz Israels niemals in Frage stellen. Die Gro\u00dfm\u00e4chte schlagen nur die angemessene Entsch\u00e4digung der Fl\u00fcchtlinge vor oder bestenfalls die Schaffung eines pal\u00e4stinensischen Zwergstaates im heute von Israel besetzten Cisjordanien. Die Widerstandsbewegungen verlangen hingegen die bedingungslose R\u00fcckkehr aller Fl\u00fcchtlinge nach Pal\u00e4stina.
Selbst die arabischen Regierungen m\u00f6chten die pal\u00e4stinensischen Kommandos am liebsten zerschlagen. Denn sie stehen allen im Wege, die einen Ausgleich mit Israel anstreben \u2013 und den brauchen heute alle arabischen Regime, wenn sie \u00fcberleben wollen.
Yasir Arafat ist zwar in Kairo von Nasser empfangen worden, aber noch vor wenigen Monaten war auf ihn ein hohes Kopfgeld ausgesetzt. In \u00c4gypten, Jordanien und Syrien wurden seine Kampfgenossen grausam verfolgt. Heute ist das kaum noch m\u00f6glich. Die Fedajin sind zum Symbol der \u201earabischen Auferstehung\u201c geworden. Nach drei besch\u00e4menden Niederlagen der arabischen Staaten gegen Israel retten die Heimatlosen die Ehre der arabischen Massen. Wer sich an ihnen vergreift, mu\u00df mit einem Aufstand rechnen.
Trotzdem bereitet sich El-Fatah auf die Gefahr vor, die ihr von seiten der arabischen Regierungen droht. \u201eUnsere Gewehre sind heute gegen Israel gerichtet\u201c, erkl\u00e4rt Yasir Arafat. \u201eWenn jedoch jemand versuchen sollte, uns r\u00fccklings zu \u00fcberfallen, der wird seinen Verrat teuer bezahlen m\u00fcssen. Wir werden uns nicht wie Hasen abknallen lassen. Wir haben nichts zu verlieren, au\u00dfer den Zelten, in denen wir seit zwanzig Jahren leben m\u00fcssen.\u201c
Wie die Guerilleros der El-Fatah ausgebildet werden, zeigt man uns in mehreren Lagern im Inneren des Landes. Bei allen \u00dcbungen wird scharf geschossen. Wir sehen, wie einem jungen Mann ein Finger abgeschossen wird. Einem anderen schlitzt ein Granatsplitter die Wange auf. Sie werden verbunden \u2013 und machen weiter; etwas bla\u00df zwar, aber trotzig und verbissen.
Die Lager befinden sich in schwer zug\u00e4nglichen Bergen oder in W\u00e4ldern versteckt, von Flak gesch\u00fctzt. Die Zahl der einsatzbereiten Fedajin wird auf siebentausend gesch\u00e4tzt. Weitere zehntausend d\u00fcrften im Augenblick ausgebildet werden.
In einer Operationsbasis in der N\u00e4he des Toten Meeres finden wir einen Leutnant, dessen Mutter J\u00fcdin ist. Er bereitet sieben schwere Raketen vor, die auf israelische Milit\u00e4ranlagen geschossen werden sollen \u2013 von dr\u00fcben, denn von jordanischem Boden aus darf nicht gefeuert werden. Das geh\u00f6rt zum \u201eGentlemen\u2019s Agreement\u201c zwischen jordanischer Regierung und pal\u00e4stinensischem Untergrund.
\u201eGlauben Sie nicht, da\u00df diese Terrorakte euch die letzten Sympathien der Weltmeinung kosten werden?\u201c frage ich den Leutnant.
\u201eDie Welt hat ein schlechtes Ged\u00e4chtnis\u201c, meint er. \u201eSie scheint vergessen zu haben, da\u00df Israel nur durch Terror geboren wurde. Irgun, Stern, die j\u00fcdischen Terrororganisationen, sagt das nichts mehr? Die k\u00fcmmerten sich nicht um die Weltmeinung und noch weniger um Menschenleben. Wir lassen die Zivilbev\u00f6lkerung so lange in Ruhe, wie die Israelis sich nicht an der unserigen vergehen. Auge um Auge, Zahn um Zahn \u2013 so lehrte es mich meine j\u00fcdische Mutter.\u201c<\/p>

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*Die beiden Farbfotos stammen nicht von Troeller\/Deffarge, sondern von Ruinyanszky<\/em><\/p>

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Stern, Heft 11, 13. M\u00e4rz 1969  Im Nahen Osten droht ein neues Vietnam. Nacht f\u00fcr Nacht dringen Kommandos der Untergrundorganisation El-Fatah in Israel und die besetzten Gebiete ein. Die Partisanen nennen sich Fedajin, \u201edie Opferbereiten\u201c. Ihre Verluste sind hoch. Dennoch bilden sie heute f\u00fcr Israel eine gr\u00f6\u00dfere Gefahr als die regul\u00e4ren Armeen der arabischen Staaten.…<\/p>\n","protected":false},"author":1,"featured_media":62421,"parent":54136,"menu_order":7,"comment_status":"closed","ping_status":"closed","template":"","meta":{"_seopress_robots_primary_cat":"","_seopress_titles_title":"","_seopress_titles_desc":"","_seopress_robots_index":"","footnotes":""},"categories":[],"tags":[],"class_list":["post-54147","page","type-page","status-publish","has-post-thumbnail","hentry","entry","has-media"],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/54147"}],"collection":[{"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/pages"}],"about":[{"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/types\/page"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/users\/1"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=54147"}],"version-history":[{"count":5,"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/54147\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":62477,"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/54147\/revisions\/62477"}],"up":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/54136"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/media\/62421"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=54147"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=54147"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=54147"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}