{"id":62870,"date":"2020-07-25T10:50:47","date_gmt":"2020-07-25T08:50:47","guid":{"rendered":"http:\/\/www.troeller-deffarge.com\/?page_id=62870"},"modified":"2022-08-03T15:09:07","modified_gmt":"2022-08-03T13:09:07","slug":"die-frauen-dieser-welt-einleitung","status":"publish","type":"page","link":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/zeitungsreportagen\/1-die-frauen-dieser-welt\/die-frauen-dieser-welt-einleitung\/","title":{"rendered":"Die Frauen dieser Welt (Das Thema)"},"content":{"rendered":"

Stern<\/em>, Heft 43, 25. Oktober 1964<\/p>

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Ich bin f\u00fcnfundvierzig Bis zu meinem zwanzigsten Lebensjahr war ich Herrn M\u00fcllers Tochter. Dann wurde ich Herrn Lehmanns Frau und im Laufe der Zeit immer mehr die Mutter von Karl, Walter und Ursula. Ich bin nie ich selbst gewesen. Vielleicht kurz zwischen achtzehn und zwanzig, als ich arbeitete. Aber das waren nur Ferien. Ein kleiner gestohlene Aufschub. Und jetzt? Die Kinder sind aus dem Haus. Mein Mann geht in seiner Arbeit auf. Und ich? Wer bin ich? Was kann ich noch erwarten? Nichts! Ich bin noch Hausm\u00e4dchen, K\u00e4uferin und Organisatorin einer sterilen Gem\u00fctlichkeit, einer gesellschaftlichen Fassade. Mit Sch\u00f6nheitspflege verschaffe ich mir die Illusion, noch jemand zu sein. Dabei opfere ich den letzten Respekt vor mir selbst auf dem Altar des einzigen Gottes, der heute noch herrscht: der Jugend.<\/p>

Das ist die bittere Bilanz einer Frau mit einer \u201egl\u00fccklichen\u201c Familie. Sie ist kein Einzelfall, sondern eher typisch f\u00fcr die Situation der Frauen in aller Welt. Aus diesem Unbehagen sucht die Frau einen Ausweg.<\/p>

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 \u201eGelobt sei Gott, der Herr aller Welten, da\u00df er mich nicht zur Frau gemacht hat\u201c, beteten die Juden schon vor f\u00fcnftausend Jahren. In allen gro\u00dfen Religionen sto\u00dfen die M\u00e4nner \u00e4hnliche Seufzer der Dankbarkeit aus. Und doch tr\u00e4umt dieses M\u00e4dchen schon jetzt davon, eine Frau zu sein. Eine Frau, das ist die Gef\u00e4hrten eines Mannes, die Mutter seiner Kinder. Ehe und Mutterschaft sind ihr Los.<\/em><\/strong><\/p>

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\u201eEine Revolution, die Stellung und Lebensbedingungen der Frau \u00e4ndert, ist die gr\u00f6\u00dfte Revolution, die ein Land erleben kann.\u201c Dieser Satz stammt von einer indischen Frauenf\u00fchrerin. Er gilt nicht nur f\u00fcr Asien. \u00dcberall auf der Welt werden heute Stimmen laut, die dem Erwachen der Frau gr\u00f6\u00dfere Bedeutung f\u00fcr die Zukunft der Menschheit beimessen, als allen ideologischen oder sozialen Auseinandersetzungen.<\/p>

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Peruanische Indianerin<\/strong><\/em><\/p><\/div><\/div>

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Damen der r\u00f6mischen Gesellschaft<\/strong><\/em><\/p><\/div><\/div>

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Frauen der vietnamesischen Miliz<\/strong><\/em><\/p>

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Liebespaar in Afrika<\/em><\/strong><\/figcaption><\/figure><\/div>\n\n
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Bauern Frau aus dem Jemen<\/strong><\/em><\/figcaption><\/figure><\/div><\/div>
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Deutsche Hausfrau<\/em><\/strong><\/figcaption><\/figure>



In Frankreich spricht man vom \u201eEnde des Mittelalters\u201c, in dem die Frauen bisher noch gelebt haben. Engl\u00e4nder feiern den Sieg einer \u201eneuen Moral\u201c. Die Amerikaner nennen diesen Umsturz die \u201esexuelle Revolution\u201c, weil er auf diesem Gebiet besonders deutlich wird.
Alle Revolution haben dieselben Ursachen: Unterdr\u00fcckung, Ungleichheit und Erniedrigung. Das sind auch die Gr\u00fcnde der Revolte des Weibes. Je nach Land und Kultur sind sie unterschiedlich wirksam. Sie bestimmen jedoch \u00fcberall das Leben der Frau.
Dagegen lehnt die Frau sich heute auf. Wie f\u00fcr die V\u00f6lker Afrikas und Asiens, so scheint auch f\u00fcr das weibliche Geschlecht die Zeit der Entkolonisierung angebrochen zu sein. Das Ende der m\u00e4nnlichen Vorherrschaft ist in Sicht.
Noch vor wenigen Jahrzehnten war hat die Macht des Mannes unantastbar. Religion und Recht standen auf seiner Seite. Er war der Chef der Familie, das Ebenbild Gottes, der Herr der Sch\u00f6pfung. Die Frau galt als eine \u00fcberz\u00e4hlige Rippe. \u201eDas Weib ist Weib, weil ihm gewisse Qualit\u00e4ten fehlen\u201c, meinte Aristoteles.\u201eSie ist nur ein zuf\u00e4lliges Wesen\u201c, schrieb der heilige Thomas von Aquilino. Auch Juden, Araber und Buddhisten hatten \u00e4hnliche S\u00e4tze gepr\u00e4gt, von denen sie die Vormachtstellung des Mannes ableiteten.
\u00dcberall auf der Welt steckten die M\u00e4nner die Grenzen ab, in denen die Frau nach menschlicher Entfaltung streben durfte. Was au\u00dferhalb lag, galt als Verbrechen und S\u00fcnde.
Arabische und afrikanische Gruppen griffen sogar zu Messer \u2013 und tun es zum Teil heute noch \u2013, um die Frau an ihren Kerker zu ketten. Sie glauben, da\u00df von allen Kr\u00e4ften, die nach Freiheit verlangen, die Sexualit\u00e4t die gef\u00e4hrlichste sei. Und sie beschneiden ihre Frauen. Bevor ein M\u00e4dchen mannbar wird, verst\u00fcmmelt man es so, da\u00df es kaum in Versuchung kommen kann, in der sp\u00e4teren Erf\u00fcllung der ehelichen Pflichten mehr zu suchen als lustlose Unterwerfung. Sie wird zum Objekt. Und um ganz sicher zu gehen, verweigert man ihr sogar das Recht auf eine Seele.<\/p>

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Diesseits des Mittelmeeres haben die M\u00e4nner nicht zum Messer gegriffen. Sie haben der Frau auch ihre Seele gelassen. Sie haben sie sogar regelrecht gem\u00e4stet. Die weibliche Seele wurde so gro\u00df, so sch\u00f6n, so empf\u00e4nglich und weich, da\u00df man sich spielend modellieren konnte und mit Suggestion und Zwang durch Versprechen und Drohung \u00e4hnliches erreichte, wie der Araber mit seinem Messer. Man stempelte sie zum gef\u00fchlsbetonten Wesen und sagte, die Natur habe sie so geschaffen. Ihre angeborenen Eigenschaften seien Sensibilit\u00e4t, intuitives Verstehen, Opferbereitschaft und Entsagung, hie\u00df (und hei\u00dft) es. Denken und Handeln, Erfinden und Herrschen seien die ausschlie\u00dflichen Qualit\u00e4ten des Mannes.
Auch die Sexualit\u00e4t wurde getrennt in m\u00e4nnlichen Drang und weibliche Hingabe. F\u00fcr ihn war sie Zeugung und Vergn\u00fcgen. F\u00fcr sie schuldbeladene Empf\u00e4ngnis. War sie doch schuldig f\u00fcr die Vertreibung aus dem Paradies. Folglich mu\u00dften ihre Sinne gez\u00fcgelt werden. Sittsame Frauen durften nur lustlos empfangen und mu\u00dften treu sein. M\u00e4nner beanspruchten polygame Veranlagung f\u00fcr sich und genie\u00dfen ihr freien Lauf.<\/p>

Heute wackelt die Welt der M\u00e4nner. Die strengen Tabus sind im Zerfall. Die b\u00fcrgerliche Moral ist mehr denn je Fassade. Liebe und Sexualit\u00e4t gelten auch f\u00fcr die Frau nicht mehr \u00fcberall als eine unteilbare, von Mutterschaft \u00fcberschattete Einheit. Und Empf\u00e4ngnis kann leicht verh\u00fctet werden.

Dieses moralische Tauwetter war eine Folge der industriellen Revolution, die Frauen in den Fabriken brauchte und ihnen mit der materiellen Unabh\u00e4ngigkeit einen Vorgeschmack auf die Freiheit gab. Sp\u00e4ter folgte die rechtliche Gleichstellung. In vielen L\u00e4ndern ist die Frau heute offiziell gleichberechtigt. Sie darf w\u00e4hlen und gew\u00e4hlt werden. Sie hat Recht auf Arbeit und Zugang zu fast allen Berufen.
In der Bundesrepublik sind \u00fcber ein Drittel der Arbeitskr\u00e4fte Frauen: 7,9 Millionen von 22,6 Millionen. In den \u00fcbrigen Industriel\u00e4ndern ist das Verh\u00e4ltnis \u00e4hnlich. Aber nirgends gibt es auch nur einen ann\u00e4hernd entsprechenden Anteil von Frauen in leitenden Stellungen. Nur drei Prozent betr\u00e4gt er in der Bundesrepublik. Das gro\u00dfe Heer der berufst\u00e4tigen Frauen hat kaum eine bessere Stellung als die Masse der Farbigen in Amerika oder die Algerier in Frankreich. Sie werden nicht als ebenb\u00fcrtigen Partner behandelt. Sie sind n\u00fctzliche Hilfskr\u00e4fte und werden ausgebeutet. Auf gleiche Posten verdienen sie in der Regel weniger als M\u00e4nner.
Frauen m\u00f6gen objektiv noch so t\u00fcchtig sein \u2013 subjektiv bleiben sie mit dem Vorbehalt behaftet, \u201eeine Frau zu sein\u201c. Es ist wie mit den Schwarzen. Jeder findet es normal, da\u00df ein Wei\u00dfer eine Gruppe farbiger Arbeiter \u00fcberwacht. Wenn jedoch ein Neger wei\u00dfe Menschen kommandiert, haben die meisten unwillk\u00fcrlich den Eindruck, da\u00df da etwas nicht stimmt. Ihre Welt steht kopf.
Die Gleichberechtigung ist zwar gesetzlich verbrieft \u2013 ebenso wie die Gleichheit der Neger \u2013, in der Praxis ist sie jedoch immer noch eine Ausnahme. Auf allen Gebieten. Die echte Befreiung der Frau hat kaum begonnen. Jahrtausendealte Vorurteile bestehen nach wie vor die selbstherrliche Haltung des Mannes verl\u00e4ngern die Versklavung der Frau. Sicherlich gibt es M\u00e4nner, die Einkaufsnetze tragen, Kinder wickeln und getrennte Bankkonten guthei\u00dfen. Aber darauf kommt es nicht an ausschlaggebend ist einzig und allein die Beziehung zwischen den Geschlechtern, das hei\u00dft: die innerliche Einstellung des Mannes zur Frau und die Rolle, die diese sich in dieser Beziehung zuschreibt.
Dabei kommt es weniger auf die rechtliche Gleichstellung an oder auf die Frage, wer das Geschirr gesp\u00fclt; wesentlich ist vielmehr die Auslegung der Begriffe Liebe, Ehe, Sexualit\u00e4t und Mutterschaft. Die Leitbilder sind entscheidend, die von \u00dcberlieferung und Erziehung geformten Vorstellungen von \u201eMann\u201c und \u201eFrau\u201c.
Es ist in der Tat seit langem erwiesen, da\u00df die so genannten \u201em\u00e4nnlichen\u201c und \u201eweiblichen\u201c Eigenschaften und Schicksale nicht angeboren sind, sondern ausschlie\u00dflich Erzeugnisse der jeweiligen Kulturen. F\u00fcr eine Frau von Samos haben Liebe, Sex, Ehe und Mutterschaft eine vollkommen andere Bedeutung als f\u00fcr eine Chinesin oder eine Deutsche, obwohl alle drei biologisch gleich sind. Die M\u00e4nner Japans behandeln ihre Frauen anders als die Schweden und Spanien, obwohl auch sie von Natur aus nicht verschieden sind.
Wenn einem Jungen nicht bei jeder starken Gef\u00fchlsregung vorwurfsvoll gesagt w\u00fcrde: Sei kein M\u00e4dchen\u201c, dann k\u00e4me er sp\u00e4ter kaum auf die Idee, die Frau als ein gef\u00fchlsbetontes, mithin labiles und nicht ebenb\u00fcrtiges Wesen zu betrachten. Das gleiche gilt f\u00fcr M\u00e4dchen. Sie werden regelrecht dressiert, \u201eweiblich\u201c zu sein: kokett, zerbrechlich, unreif, anschmiegsam, m\u00fctterlich \u2013 und heute auch sexy. Da ihre Bestimmung die M\u00e4nnerjagd ist, werden jene Eigenschaften gez\u00fcchtet, die auf dem Heiratsmarkt die gr\u00f6\u00dften Chancen haben.<\/p>

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Werdende Mutter in Ungarn<\/em><\/strong><\/figcaption><\/figure>

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Selbstverst\u00e4ndlich ist die Mutterschaft der m\u00e4chtigste Einwand gegen eine gr\u00f6\u00dfere Freiheit der Frau. In der biologischen Funktion des Geb\u00e4rens wird auch heute noch die Bestimmung des weiblichen Geschlechtes gesehen. Und damit werden alle Beschr\u00e4nkungen der Frau gerechtfertigt.
Die M\u00f6glichkeit der Mutterschaft beschr\u00e4nkt unter anderem die sexuelle Freiheit der Frau und nat\u00fcrlich auch ihre beruflichen Chancen. Nur wenige Frauen k\u00f6nnen, wie der Mann, wirklich Karriere machen. Sobald das erste Kind da ist, geben die meisten den Beruf auf. Sie fangen eventuell wieder an zu arbeiten, wenn die erwachsenen Kinder das Haus verlassen haben.<\/p>

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Macht Vielweiberei gl\u00fccklich?<\/strong><\/em>
Die M\u00e4nner sagen nat\u00fcrlich nein, und viele Frauen auch \u2013 in Afrika<\/strong><\/em><\/p>

Zu einer Zeit, in der die Familie fest zusammenhielt und als organische Einheit gegen die Umwelt stand, hat in der Mutterschaft sicher ein Sinn gelegen, der auch zu menschlicher Reife f\u00fchrte. Aber was ist in unserer modernen Gesellschaft davon \u00fcbrig geblieben? Die Eltern wohnen hier, der Sohn dort, die Tochter woanders. Jeder verfolgt seine pers\u00f6nlichen Interessen. Sobald sie es wirtschaftlich k\u00f6nnen, machen die Kinder sich unabh\u00e4ngig. Echte Familien im alten Stil gibt es nur noch vereinzelt auf dem Lande.<\/p>

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Bei uns ist die Einehe Gebot. Nach manchen Sch\u00e4tzungen bricht der Mann neunmal die Ehe \u2013 die Frau viermal <\/strong><\/em><\/p><\/div><\/div>


In den St\u00e4dten ist Mutterschaft normalerweise nur viel Hausarbeit und wenig Erziehung. Die weibliche Psyche reagiert darauf mit einer Vielfalt nervlicher und seelische St\u00f6rung. \u201eEs ist sicher wundervoll, eine Mutter zu sein\u201c, sagt ein Psychologe, \u201eaber nicht immer wundervoll, eine Mutter zu haben. Die meisten gest\u00f6rten Kinder w\u00e4ren gesund, wenn sie keine M\u00fctter h\u00e4tten. Sie spiegeln nur die inneren Konflikte ihrer M\u00fctter wider und zahlen teuer f\u00fcr eine \u00fcberlebte Konzeption der Mutterschaft.\u201c
Auch ein anderes Vorurteil ist der Einsicht zum Opfer gefallen: Kinder, die oft allein sind, weil ihre M\u00fctter arbeiten, erleiden keinen Schaden. Im Gegenteil sie sind ausgeglichener als solche, die in m\u00fctterlicher Obhut verw\u00f6hnt werden. Diese Erkenntnis wurde auf dem letzten internationalen Kongre\u00df f\u00fcr soziale Psychiatrie erh\u00e4rtet. Untersuchungen in Frankreich, England und D\u00e4nemark haben ergeben, da\u00df Kinder, die wenig von ihren Eltern betreut werden, reifer und intelligenter sind als andere. Sie haben gr\u00f6\u00dferes Verantwortungsgef\u00fchl, mehr Initiative und lernen schneller. Und es sieht ganz so aus, als ob sie ihre M\u00fctter auch mehr lieben.
Wie sollte es auch anders sein? Schlie\u00dflich bedeutet, da\u00df man ein Kind geb\u00e4ren kann, noch lange nicht, da\u00df man es auch recht zu erziehen wei\u00df. Besonders in unserer komplizierten Gesellschaft ist es mit Mutterliebe allein nicht mehr getan. Frauen, die von ihrer Ehe entt\u00e4uscht sind, fl\u00fcchten sich in \u00fcbertriebene Bemutterung und wissen gar nicht, was sie damit anrichten k\u00f6nnen. Ebensooft sollen Kinder dem Leben einen Sinn geben, den man woanders nicht gefunden hat, oder eine Ehe kitten, die keine mehr ist.<\/p>

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Komplizierte Riten begleiten bei vielen Negerst\u00e4mmen den Wandel vom M\u00e4dchen zur Frau. Bemalung geh\u00f6rt dazu<\/em><\/strong><\/p>

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Mit diesen Masken will man den Gott der Jugend beschw\u00f6ren. <\/em><\/strong>
Unsere Sch\u00f6nheitssalons sind Tempel<\/em><\/strong><\/p>

Angesichts dieses Dilemmas erheben sich selbst in der katholischen Kirche warnende Stimmen. Es kann nicht Aufgabe des Menschen sein, so lautet diese Warnung, viele Menschen in die Welt zu setzen, sondern eher, bessere Menschen zu bilden. Die herk\u00f6mmliche Auffassung der Mutterschafts scheint dieser Aufgabe nicht mehr gewachsen zu sein. Trotzdem wagen es nur wenige, die \u00fcberlieferten Formen von Familie und Ehe in Frage zustellen. Sie gelten als die Fundamente unserer christlichen Kultur und sind deshalb st\u00e4rkere Tabus als die Sexualit\u00e4t.
In Paris und New York haben Psychologen und Soziologen uns die Ergebnisse von Untersuchungen gezeigt, die so revolution\u00e4r sind, da\u00df sie wohl erst in zehn oder zwanzig Jahren ver\u00f6ffentlicht werden k\u00f6nnen. Sie weisen auf die t\u00f6dliche Gefahr hin, in der unsere Gesellschaft schwebt, falls die Vorstellungen von der Rolle der Frau nicht radikal ge\u00e4ndert werden.
Aber auch ohne so weit zu gehen, unterstreichen die meisten Beobachtungen, da\u00df es immer weniger Frauen gibt, die gute Mutter sein k\u00f6nnen. Ursache dieser Entwicklung scheint der Zwiespalt zwischen rechtlicher Gleichstellung und seelischer Versklavung zu sein. Ebenso wie die Spannung zwischen den theoretischen Entfaltungsm\u00f6glichkeiten und der praktischen weiblichen Beschr\u00e4nkung Ursache des weltweiten Unbehagens ist, das heute die meisten Frauen befallen hat.
Putzen und B\u00fcgeln, Brote schmieren und Windeln waschen, Kaufen und Klimmz\u00fcge an der sozialen Leiter machen, das f\u00fcllt eine Frau nicht aus. \u2013 Ist das alles? Bin ich nur das Tr\u00f6pfchen \u00d6l, das die Maschine schmiert, oder ein belebtes St\u00fcck M\u00f6bel? Das sind die unausgesprochenen Fragen, die viele Frauen zur Tablettensucht f\u00fchren oder in die Arme eines Liebhabers.
Psychiater berichten, da\u00df viele Frauen zu ihnen kommen und Hilfe suchen, ohne genau zu wissen, warum. Sie klagen \u00fcber eine unerkl\u00e4rliche Angst, die sie pl\u00f6tzlich an der Gurgel fa\u00dft. Sie sprechen von einer kaum ertr\u00e4glichen Leere, vor der sie fliehen m\u00f6chten, ohne sagen zu k\u00f6nnen wohin. Viele sitzen oft stundenlang auf ihrem Bett und weinen ohne jeden ersichtlichen Grund.
Meistens haben diese Frauen alles, was nach g\u00e4ngiger Ansicht gl\u00fccklich machen sollte: ein sch\u00f6nes Heim, einen aufmerksamen Mann, gesellschaftlichen Erfolg, gesunde Kinder und Sicherheit f\u00fcr den Lebensabend. Es ist also keine Existenzangst, die an den Nerven r\u00fcttelt. \u201eSie f\u00fchlen\u201c, sagten uns Psychologen, \u201eda\u00df es au\u00dferhalb ihrer geborgenen Existenz ein reiches Leben gibt, auf das sie ein Recht haben, und f\u00fcrchten, ein ganzes Leben lang an diesem Leben vorbeizugehen.\u201c<\/p>

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Warum? Weil sie l\u00fcgen m\u00fcssen, um das scheinbare Gl\u00fcck nicht zu zerst\u00f6ren. Wenn eine Frau in einem Tagebuch ihre intimsten Gedanken und W\u00fcnsche aufzeichnen w\u00fcrde, k\u00f6nnte sie nur in den seltensten F\u00e4llen ihrem Mann diese Seiten zeigen, ohne die Ehe zu gef\u00e4hrden oder die Gemeinsamkeit zu H\u00f6lle zu machen.
Sie darf den n\u00e4chsten Menschen nie enth\u00fcllen, wie sie wirklich ist. Sie mu\u00df versuchen, jener Vorstellung zu entsprechen, die er sich von ihr macht: dem Bild der Frau, wie Tradition, Moral, Religion, m\u00e4nnliche Eitelkeit und Mode es geformt haben. Sie mu\u00df l\u00fcgen, um geliebt zu werden, und sich selbst betr\u00fcgen, um leben zu k\u00f6nnen. Sie mu\u00df vorgeben, geistige und moralische Werte zu verehren, die sie in der Praxis t\u00e4glich verr\u00e4t. Und so erreicht sie ein Alter, in dem die Hoffnung auf ein reicheres Leben endg\u00fcltig zusammenbricht. Zwischen 40 und 50 bleibt kaum eine Frau von dieser Psychose verschont.
Wenn in den letzten zehn Jahren die Zahl der arbeitenden Ehefrauen steil angestiegen ist, so darf das zum Teil dieser Psychose zu geschrieben werden. Die Kinder sind aus dem Haus. Die bange Frage stellt sich: Wer bin ich? Und in der Arbeit wird fieberhaft im letzten Augenblick nach jener Bereicherung gesucht, die die Ehe versprach, aber nicht gab.<\/p>

In England arbeiten heute eine Million verheiratete Frauen mehr als vor zehn Jahren. In der Bundesrepublik betr\u00e4gt ihr Anteil an den weiblichen Arbeitskr\u00e4ften heute 34 Prozent im Gegensatz zu nur 25 Prozent im Jahre 1950. In den Vereinigten Staaten arbeiten 9,3 Millionen Ehefrauen: 73 Prozent mehr als 1953.<\/p>

Dieser pl\u00f6tzliche Hunger nach Aktivit\u00e4t und au\u00dferh\u00e4uslicher Besch\u00e4ftigung kann jedoch nur ein Ersatz sein. Unvorbereitet, wie sie nun einmal ist, mu\u00df die Frau sich mit untergeordneten Stellungen abfinden, in denen sie zwar die Zeit totschl\u00e4gt und vielleicht die Angst bet\u00e4ubt, die sie jedoch kaum ausf\u00fcllen k\u00f6nnen. Selbst wenn sie als junges M\u00e4dchen einen Beruf erlernt hat, machen Ehe und Mutterschaft es in den meisten F\u00e4llen unm\u00f6glich, eine echte Karriere zu verfolgen.<\/p>

So st\u00f6\u00dft sich die weibliche Revolution \u00fcberall an den Schranken, die von den M\u00e4nnern errichtet wurden, um die Frau zu beherrschen; sie bleibt die Gefangene des alten Leitbildes.<\/p>

Nur in der Sexualit\u00e4t nicht. Da die Stellung der Frau haupts\u00e4chlich durch ihr Geschlecht bedingt wird, machen die Wandlungen auf diesem Gebiet die weibliche Revolte am deutlichsten sp\u00fcrbar. Die Tabus sind schon verschwunden. Ein M\u00e4dchen braucht nicht mehr Jungfrau zu sein, um einen Mann zu finden. Vierzehnj\u00e4hrige wissen mehr \u00fcber Empf\u00e4ngnisverh\u00fctung als ihre Gro\u00dfmutter. Selbst der Ehebruch der Frau ist nicht mehr unbedingt ein Grund zur Scheidung.
Mit der Freudschen Psychoanalyse verbreitet sich die \u00dcberzeugung, da\u00df verdr\u00e4ngte Sexualit\u00e4t ein gr\u00f6\u00dferes \u00dcbel sein kann, als sexuelle Freiheit. Sexualit\u00e4t h\u00f6rt auf, ein moralisches Problem zu sein. Sie wird zu einer Frage der seelischen Gesundheit.
Biologen entdeckten, dass die Entwicklung allen Lebens zu h\u00f6heren Wesen erst beginnt, wenn zwei Wesen gleicher Art, aber verschiedenen Geschlechtes sich paaren m\u00fcssen, um sich zu vermehren. In den Anf\u00e4ngen des Lebens geschah das durch Selbstbefruchtung.
Philosophen leiteten daraus ab, da\u00df es die h\u00f6chste Aufgabe der Sexualit\u00e4t ist, der geistigen und menschlichen Entfaltung zu dienen \u2013 und nicht, wie immer behauptet wurde, der Vermehrung. Sie meinen, da\u00df Sex nichts mit Moral zu tun hat. Er ist vielmehr eine Form der Sprache, ein Dialog, dessen Wert ausschlie\u00dflich davon abh\u00e4ngt, ob die Beteiligten etwas zu sagen haben, das wert ist, gesagt zu werden.
Bis vor wenigen Jahren war diese Form des Ausdrucks ein Vorrecht des Mannes: ein Monolog, bei dem er sich an seiner eigenen Stimme berauschte.
Heute will die Frau mitreden. Sie f\u00fchlt, da\u00df von allen Erfahrungen des gew\u00f6hnlichen Lebens die Sexualit\u00e4t sie jenen Erlebnissen am n\u00e4chsten bringt, die wir mystisch nennen. Nichts f\u00fchrt sie so unmittelbar an die Grenze menschlicher M\u00f6glichkeiten und zur Entdeckung ihrer selbst.
Und darum handelt es sich: Die Frau sucht sich selbst. Sie sucht sich au\u00dferhalb und oberhalb der Grenzen, in die der Mann sie seit Jahrtausenden gezw\u00e4ngt hat. Sie will sich nicht mehr sagen lassen, was sie sein soll. Sie will endlich wissen, wer sie ist.<\/p>

Die Revolte der Frau ist selbstverst\u00e4ndlich kein mit Fahnen und F\u00e4usten gef\u00fchrter Krieg. Sie ist vielmehr ein Kampf, der sich im Innern der einzelne Frau abspielt. Die st\u00e4rksten Ketten sind in ihrem Geist, in ihrer Seele. Sie sind geschmiedet aus falschen Vorstellungen und gef\u00e4lschten Tatsachen, was halben Wahrheiten und aufgezwungenen Entscheidungen.
Revolutionen sind schmerzhaft, besonders wenn sie ein ganzes Weltbild ins Wanken bringen. Es ist oft unertr\u00e4glich, zu einem neuen Bewu\u00dftsein zu erwachen. Deshalb die Spannungen und die Angst. Viele f\u00fcrchten die Verantwortung der Freiheit. Sie fl\u00fcchten zur\u00fcck in verantwortungslose Geborgenheit. Es ist bequemer, \u201eWeibchen\u201c zu spielen, selbst wenn es auf \u201emodern\u201c geschieht, als frei zu sein.<\/p>

Eins jedoch ist und \u00fcbersehbar: das gro\u00dfe Unbehagen, das die weibliche Welt befallen hat. Es dr\u00fcckt sich aus in Beruhigungspillen, Neurosen, Schlaftabletten, Alkohol und sexueller Unruhe. Es zeigt sich bei den M\u00e4dchen, die mit sechzehn M\u00fctter werden, und den Frauen, die sich im Hausputz bet\u00e4uben. Es sickert durch im Beichtstuhl, auf der Couch der Psychiater und nicht selten in den Armen der M\u00e4nner. Er schl\u00e4gt sich nieder in der Verwirrung unserer Kinder.
Wie sie leben, wie sie lieben und wie sie leiden, die Frauen dieser Welt, das schildern diese Berichte.<\/p>

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Kein Land ist vom Einflu\u00df des Westens verschont geblieben. Wie die Armen das Benehmen der Reichen nachahmen, um gesellschaftsf\u00e4hig zu werden, so haben \u00e4rmere V\u00f6lker die Sitten der m\u00e4chtigen Wei\u00dfen kopiert, um modern zu sein. Das Ergebnis ist nicht immer erfreulich. In Asien jedoch hat es viele Frauen aus unmenschlicher Versklavung befreit<\/strong><\/em><\/p><\/div><\/div>

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BRASILIEN<\/strong><\/p>

Der Wecker wurde ihr zum Verh\u00e4ngnis. Corina hatte ihn mit in die Ehe gebracht, zusammen mit ein paar L\u00f6ffeln, einigen Tellern, drei Bett\u00fcchern, etwas K\u00fcchenger\u00e4t und f\u00fcnf Handt\u00fcchern. Er stand auf der Fensterbank und klingelte jeden Morgen genau um sechs Uhr. Dank des Weckers war Alfonso noch nie zu sp\u00e4t zur Arbeit gekommen. Corina war stolz darauf. Hatte ihr Mann es nicht ihr zu verdanken, da\u00df er ein guter und angesehener Arbeiter geworden war?
Eines Tages feierten sie. Am ersten Jahrestag ihrer Hochzeit. Corina hatte \u2013 auf ihre Weise ebenso p\u00fcnktlich wie der Wecker \u2013 im neunten Monat ihrer Ehe einen Sohn geboren und war schon wieder schwanger.
Als die Freunde gegangen waren, bat Alfonso seine Frau, sich zu ihm zu setzten und ein wenig Schnaps zu trinken. Das hatte er noch nie getan. Auch war er noch nie so z\u00e4rtlich gewesen.<\/p>

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In Brasilien bleibt der Mann nur so lange er wirbt bescheiden im Hintergrund. Sobald er eine Frau hat, fordert er v\u00f6llige Unterwerfung<\/em><\/strong><\/p><\/div><\/div>

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\u201eEr benahm sich wie in den ersten Tagen unserer Verlobung\u201c, erz\u00e4hlte Corina, der die Tr\u00e4nen in den Augen standen, \u201eimmer wieder sprach er von seinem Junggesellenleben und von seinen Liebschaften. Ich hatte ihn nie danach gefragt. Ich wei\u00df, da\u00df M\u00e4nner in gewisse H\u00e4user gehen m\u00fcssen, und ich wollte auch nichts wissen. Aber er bestand darauf und sagte: \u201aWenn man verheiratet ist, mu\u00df man sich genau kennen. Erz\u00e4hl mir von dir.\u2018
Ich hatte nichts zu erz\u00e4hlen. Da\u00df ich unber\u00fchrt zu ihm kam, wu\u00dfte er. Sonst h\u00e4tte er mich ja nicht geheiratet. Nun wollte er mehr wissen. Er war so nett. Ich f\u00fchlte mich ein wenig betrunken. Und so erz\u00e4hlte ich ihm von Enrique, der mich gek\u00fc\u00dft hatte, und von meinem Vetter Joao, der einmal versucht hatte, mich zu vergewaltigen.
Alfonso l\u00e4chelte nur, und wir tranken weiter. Als wir jedoch schlafen gingen, verwandelte er sich pl\u00f6tzlich in ein richtiges Tier. Er behandelte mich nicht mehr wie eine anst\u00e4ndige Frau \u2013 wie mit einem M\u00e4dchen aus jenen H\u00e4usern ging er mit mir um.
Und dann stellte er den Wecker. Nicht auf sechs Uhr. Nein. Auf zwei Uhr. Und als es l\u00e4utete, ging es wieder los. Und abermals stellte er den Wecker. Auf f\u00fcnf Uhr.
So geht das jetzt schon seit zehn Monaten. Wir sprechen kaum noch miteinander. Aber alle drei Stunden rei\u00dft der Wecker mich aus dem Schlaf in die H\u00f6lle.\u201c
Corina hat zehn Pfund abgenommen. Sie hat keine Kinder mehr bekommen, aber zwei Fehlgeburten gehabt.
Sie ging zum Richter. \u201eIn Brasilien gibt es keine Scheidung\u201c, sagte er. \u201eDu mu\u00dft deinem Mann gehorchen.\u201c
\u201eUnd er kann mit mir machen was er will?\u201c
\u201eJa \u2013 und so oft er will. Dagegen gibt es kein Gesetz.\u201c
Sie ging zum Priester. Der sagte: \u201eDu kannst deinen Mann nicht verlassen. Die Ehe ist heilig. Sie ist unl\u00f6sbar.\u201c Und er tr\u00f6stete sie mit einem Spruch, der ungef\u00e4hr so klang: \u201eJe mehr du leidest, um so n\u00e4her kommst du unserem lieben Gott.\u201c
Sie ging zu ihrem Vater, der mittlerweile einen kleinen Laden aufgemacht hatte, und dem es gut ging. Sie bat ihn, sie wieder aufzunehmen. Er jagte sie davon. \u201eWas? Mit Enrique hast du\u2019s gehabt, mit Joao. Verworfenes Ding.\u201c
\u201eAber nur gek\u00fc\u00dft, Vater. Die haben mich nur gek\u00fc\u00dft. Wir waren Kinder.\u201c
Sie rannte nach Hause und zerbrach den Wecker. Alfonso schlug sie zu Boden. Am gleichen Tag kaufte er einen neuen, gr\u00f6\u00dferen, lauteren Wecker, und heute noch klingelt das Ding alle drei Stunden zum Sturm auf die W\u00fcrde seiner Frau.
Wir trafen Corina im Hause einer \u00c4rztin und erfuhren, da\u00df es viele \u00e4hnliche F\u00e4lle gibt: M\u00e4nner, die ihre Frauen brutal behandeln, weil sie irgendwann einmal von einer anderen m\u00e4nnlichen Hand ber\u00fchrt worden sind.
Es handelt sich nie um Ehebruch. Kleine, oft l\u00e4cherliche Z\u00e4rtlichkeiten aus vorehelichen Zeiten werden ein ganzes Leben lang \u201eger\u00e4cht\u201c. \u201eIch behandle dich, wie du es verdienst\u201c, sagen die M\u00e4nner. \u201eDu verdienst keine Achtung, du hast dich selbst besudelt.\u201c
Besudeln nennen sie jede menschliche Regung, die nicht ihnen gilt, oder ihren Kindern. Alles was au\u00dferhalb liegt, ist S\u00fcnde und mu\u00df bestraft werden: hier, jetzt, in diesem Leben, weil man sonst kein echter Mann ist und keine Ehe hat. Der Wecker wird zum Gewissen.
Vergeben und Vergessen w\u00fcrde Entm\u00e4nnlichung bedeuten, und Verachtung durch die anderen. Deshalb auch jagen V\u00e4ter ihre T\u00f6chter aus dem Haus, wenn sie \u201eges\u00fcndigt\u201c haben. Weil sie sich M\u00e4nner der Ehe nennen, verurteilen sie ihre Kinder zur Prostitution. Es gibt in der Tat kaum eine andere Endstation f\u00fcr diese M\u00e4dchen. So rekrutiert die brasilianische Prostitution ihren Nachwuchs aus den sogenannten ehrbaren H\u00e4usern.
Welch simple L\u00f6sung: Man legt seine Ehre in die H\u00e4nde seiner Frau und T\u00f6chter und fordert vom \u201eschwachen Geschlecht\u201c, stark zu sein und den Ruf der ganzen Familie zu tragen. Wenn die Frauen dieser Aufgabe nicht gewachsen sind, rettet der Mann sein Gesicht, indem er sie ins Verderben jagt oder zu Tode qu\u00e4lt.
Dieses sind nicht die Br\u00e4uche von Analphabeten und Armen. Die gro\u00dfe Masse der mittellosen Brasilianer kennt diese Sorgen nicht. Hier geht die Jungfr\u00e4ulichkeit sang- und klanglos unter. Wenn ein Dutzend Menschen in einem Raum leben m\u00fcssen, wei\u00df man nie genau, wer es gewesen ist. Der Bruder, der Vetter oder sogar der Vater hat eines Nachts unter dem Einflu\u00df des Alkohols oder aus purer Verzweiflung nach der n\u00e4chstliegenden Frau gegriffen.<\/p>","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Stern, Heft 43, 25. Oktober 1964 Ich bin f\u00fcnfundvierzig Bis zu meinem zwanzigsten Lebensjahr war ich Herrn M\u00fcllers Tochter. Dann wurde ich Herrn Lehmanns Frau und im Laufe der Zeit immer mehr die Mutter von Karl, Walter und Ursula. Ich bin nie ich selbst gewesen. Vielleicht kurz zwischen achtzehn und zwanzig, als ich arbeitete. Aber…<\/p>\n","protected":false},"author":2,"featured_media":62824,"parent":62861,"menu_order":7,"comment_status":"closed","ping_status":"closed","template":"","meta":{"_seopress_robots_primary_cat":"","_seopress_titles_title":"","_seopress_titles_desc":"","_seopress_robots_index":"","footnotes":""},"categories":[],"tags":[],"class_list":["post-62870","page","type-page","status-publish","has-post-thumbnail","hentry","entry","has-media"],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/62870"}],"collection":[{"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/pages"}],"about":[{"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/types\/page"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/users\/2"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=62870"}],"version-history":[{"count":5,"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/62870\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":64912,"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/62870\/revisions\/64912"}],"up":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/62861"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/media\/62824"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=62870"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=62870"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/www.troeller-deffarge.com\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=62870"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}