Stern, Heft 16, 19. April 1964
Meuternde Matrosen, ein Menschenknäuel unter einem großen Tuch, warten auf die Salve des Erschießungskommandos. Eine Szene aus dem berühmten sowjetischen Film „Panzerkreuzer Potemkin“. Brasilianische Matrosen sahen den Film – und meuterten. Sie glaubten sich – wie die russischen Matrosen im Jahre 1905 – am Beginn einer Revolution, gegen Hunger, Inflation, soziales Unrecht. „Auch wir müssen madiges Fleisch essen“, schrie ein brasilianischer Matrose seinen Kameraden im Kino zu. Sie erkannten in dem Schicksal der meuternden russischen Matrosen ihr eigenes. Sie verließen die Schiffe, gingen auf die Straße und forderten Reformen. Als die Admirale sie bestrafen wollten, gab Präsident Goulart ihnen Recht. Aber das brach ihm das Genick, denn von nun an hatte er selbst seine Offiziersfreunde gegen sich. Ehe eine Revolution aus der Meuterei wurde, putschten Generale und Admirale. Sie verjagten den Präsidenten. Das Elend aber bleibt vorerst.
Ich hätte nie gedacht, daß man ein Volk so leicht verdummen kann.
Es ist vier Uhr nachmittags in Rio de Janeiro. Wir schreiben den 1. April. Carlos Lacerda der Gouverneur des Staates Guanabara, zu dem Rio gehört, und Hauptfeind des Präsidenten João Goulart, hatte sich in seiner Residenz verschanzt. Die Wagen der städtischen Müllabfuhr stehen quer über den Straßen und versperren die Zufahrtswege zum Palast. Militärpolizei und Freiwillige mit blau-weißen Halstüchern, mit Flinten, Panzerfäusten und Dolchen haben Stellung bezogen. Sie hocken hinter Palmen und Sandsäcken. Sähen sie nicht gut ernährt aus, könnte man sie für linksradikale Revolutionäre halten.
„Wir kämpfen für Gott, die Demokratie und Brasilien“, sagen sie und fordern mich auf, schnellstens zu verschwinden, denn: „Wir trauen selbst Journalisten nicht mehr; Kommunisten gibt es in vielerlei Gestalt …“
Einige hundert Meter weiter stoße ich auf die Residenz des Präsidenten Goulart. Hier werden Neugierige nicht davongejagt. Sie begaffen die Panzer, die zum Schutz des Palastes aufgefahren sind und ihre Geschütze gegen die Müllwagen des feindlichen Lagers richten. Bis jetzt ist kein Schuss gefallen. Man hört nur gelegentliche Hochrufe auf Goulart. Hier soll eine Revolution ihrem Höhepunkt entgegengehen? Es sieht vielmehr so aus, als habe die Armee ihre besten Stücke zur sonntäglichen Besichtigung ausgestellt. Liebespaare küssen sich kichernd unter drohenden Geschützen, kleine Jungen schießen mit Pfeil und Bogen zwischen die Ketten der Panzer.
Aber plötzlich scheint es ernst zu werden. Ein paar Offiziere kommen aus dem Palast. Sie sehen bleich und sichtlich erregt aus.
„Es geht los“, jubiliert mein Nachbar. „Jetzt werden sie endlich den Raben fangen.“
„Den Raben?“
„Jawohl – den Reaktionär Carlos Lacerda. Wir nennen ihn den Raben. Der hat schon zwei unserer besten Präsidenten auf dem Gewissen. Getulio Vargas und Janio Quadros. Zwei Männer, die dem Volk helfen wollten. Vargas haben sie in den Selbstmord getrieben und Quadros zum Verzicht gezwungen. Jetzt hat er sich gegen João Goulart erhoben. Aber mit dem wird er nicht fertig. Der schafft ihn. Schauen Sie!“
Die Panzer setzen sich in Bewegung. Als sie nur noch fünfzig Meter von der Müllwagensperre entfernt sind, stürmen die Zuschauer die Haustüren und werfen sich zu Boden. Jeder erwartet, daß ihm jetzt die Kugeln um die Ohren fliegen. Stattdessen wird zwischen Müllwagenverteidigern und Panzeroffizieren verhandelt. Die Barrikade öffnet sich, und die Panzer fahren unbehindert ins Lager Lacerdas.
Es geht mir alles viel zu schnell, und ich frage: „Was ist geschehen?“
„Wir haben gewonnen.“
„Was heißt: wir?“
„Das Volk natürlich.“
„Präsident Goulart?“
„Wer denn sonst? – Lacerdas Leute haben sich ergeben. “
Ich frage viele und erhalte von allen ähnliche Antworten.
„Da sieht man doch, was der Wille des Volkes bedeutet“, erklärt mir ein älterer Herr, der hinter einem Panzer herhumpelt und mit verklärtem Gesicht immer wieder jubelt: „ Wenn ein Volk reif ist, kann es ohne Gewalt seinen Willen durchsetzen. Es ist kein Schuß gefallen. Unsere Soldaten sind echte Söhne des Volkes.“
„Der ist verrückt“, meint ein schwer bewaffneter Mann, dessen blau-weißes Halstuch seine Zugehörigkeit zu Lacerda erkennen läßt. „Wir haben gewonnen.“
„Was heißt: wir?“ will ich wissen.
„Die echten Demokraten. Die echten Brasilianer. Lacerda natürlich.“
Ich verstehe überhaupt nichts mehr und frage einen brasilianischen Journalisten.
„Goulart hat gewonnen“, sagt der mit Bestimmtheit. „Sehen Sie denn nicht, wie das Volk begeistert ist?“
Ich sehe nur, wie Carlos Lacerda aus seinem Palast tritt und sogleich von einer Hand voll Getreuer umringt wird.
„Ob der lebend davonkommt?“ fragt ein Mann neben mir.
Der Sieger: Gouverneur Lacerda. Schon im Oktober kündigte der einstige Journalist (mit Brille) den Putsch gegen Präsident Goulart an. Er will 1965 selbst Präsident werden
Die Antwort kommt in Gestalt eines Offiziers. Er schreitet auf Lacerda zu und umarmte ihn. Und die Nachricht verbreitet sich wie ein Lauffeuer: Die Panzer sind zum Schutz Lacerdas gekommen. Goulart hat Rio bereits verlassen. Er ist geflohen. Die Revolte der Generale und Konservativen ist siegreich.
Jene, die sich eben noch stolz „das Volk“ nannten, machen einen Augenblick lange Gesichter. Der alte Herr mit dem verklärten Blick lehnt sich gegen einen Jeep und weint. Die anderen, die Jungen, haben noch den Rhythmus des Liedes, das sie eben sangen, in den Gliedern. Man singt so gern in Brasilien. Die Getreuen Lacerdas schreien hurra und jene, die sich eben noch befreien wollten, klatschen Beifall. Er gilt dem Sieger.
„Sie haben mir noch vor ein paar Minuten erklärt, daß Lacerda ein verhaßter rechtsradikaler Politiker sei“, erinnere ich meinen singenden Nachbarn.
„Ich muß hier leben“, sagt er, „mit seiner Polizei …“
So endete – vorläufig – mit einem Sieg der konservativen und liberalen Kräfte eine politische Krise, die im August 1961 mit dem Rücktritt von Präsident Janio Quadros begonnen hatte.
Brasilien teilte sich im Sommer 1961 in zwei feindliche Lager. Selbst die Armee war gespalten. Truppen marschierten gegeneinander. Ein Bürgerkrieg schien unvermeidlich. Aber wie immer fanden die Brasilianer einen Kompromiß, bevor noch der erste Schuß fiel. Goulart durfte sein Amt antreten. Allerdings mußte er seine Vollmachten als Präsident beschneiden und sich einen farblosen, von den Militärs vorgeschlagenen Ministerpräsidenten vor die Nase setzen lassen.
Doch damit konnte Goulart nicht regieren. Von nun an strebte er danach, das alte Regierungssystem wieder herzustellen. Es gelang ihm dank einer Volksabstimmung im Januar 1963.
Jetzt versuchte er, seine wiedergewonnene Machtposition zu festigen: Er schob Freunde in wichtige Stellungen, besetzte die Spitzenpositionen der Gewerkschaften mit Vertrauensmännern und mobilisierte die Massen durch Versprechen von Reformen, die schon längst fällig war.
Um die eigentlichen Staatsgeschäfte kümmerte er sich weniger. Im Jahr 1963 stiegen die Lebenshaltungskosten um achtzig Prozent und das Geld, der Cruzeiro, entwertete sich allein in den letzten fünf Monaten um je zehn Prozent, also insgesamt um die Hälfte. Begonnen hatte die Inflation freilich schon lange vorher.
Goularts Verteidiger weisen darauf hin, daß Brasilien unter den heutigen Verhältnissen gar nicht regiert werden könne. Es sei praktisch unmöglich, dass ein Staatsmann alle sich bekämpfenden Interessen auf einen gemeinsamen Nenner bringe: die amerikanischen und die europäischen, die Interessen der Industriellen in Stadt und Staat São Paulo; die Interessen der Kaffeepflanzer, der Gewerkschaften, der Großgrundbesitzer, der Bauern und der verschiedenen politischen Fraktionen. Die finanzielle Krise hat alle diese Gruppen dazu getrieben, ihre Interessen in besonders aggressiver Form zu vertreten.
Schon Quadros hatte diese Erfahrung machen müssen, und vor ihm Getulio Vargas, der deswegen Selbstmord beging. Als Quadros im Sommer 1961 die Präsidentschaft aufgab, erklärte er: „Ich kann hier nicht regieren – niemand kann mit diesem Parlament regieren, mit dieser Korruption, mit diesem wirtschaftlichen Imperialismus.“
Aber Goularts Sprecher fügten später hinzu: „Es sei denn, ein Diktator.“- Und so zeichneten sich langsam Goulart Absichten ab: Er wollte für Brasilien werden, was Peròn für Argentinien war: ein Diktator.
Bis Ende 1963 hatte der Goulart es vermieden, offen zwischen „links“ und „rechts“ zu wählen. Erst um die Jahreswende kamen Gerüchte auf, daß Brizola, sein linksradikaler Schwager (ein Bruder der bildschönen Frau Goulart), bald Finanzminister würde. Und Brizola ließ sich nicht zweimal bitten, genau zu erklären, was er in diesem Falle unternehmen würde: zunächst einen Aufschub der Auslandsschuld. Das hätte die Einsparung von 2 Milliarden Dollar für die nächsten drei Jahre bedeutet. Das entspreche ungefähr der Hälfte der brasilianischen Ausfuhr im gleichen Zeitraum. Er meinte, dieser Schritt werde keineswegs zum Ruin der betroffenen Banken führen, sei jedoch zur Weiterentwicklung der Wirtschaft nötig.
Brizola kündigte ferner die Verstaatlichung der Kreditanstalten, der Milch- und Fleischindustrie sowie der chemischen Werke an und erklärte, der Außenhandel müsse der ausschließlichen Kontrolle des Staates unterstehen. Er wolle auch die Banken zwingen, die Entwicklung der Landwirtschaft zu finanzieren. Schließlich kündigte Brizola sogar dem Schmuggel den Kampf an, der den brasilianischen Staat jährlich um eine Milliarde Dollar bringt.
Das war zuviel. Jetzt bekamen es viele Brasilianer – wohl nicht gerade die ärmsten – mit der Angst zu tun. Sie begannen, sich auf die große Auseinandersetzung mit Goulart vorzubereiten:
In São Paulo, Guanabara und Minas Gerais, den reichen Staaten des Landes (die bald die Führung der Revolte übernehmen sollen), wird jetzt – etwa von Januar an – die Militärpolizei fieberhaft erweitert. Im Gegensatz zur Armee der zentralen Bundesregierung steht sie unter dem Befehl der Gouverneure der Einzelstaaten. Sie kann entscheidende Dienste leisten, falls die Bundesarmee sich weigert, gegen die Zivilbevölkerung zu marschieren. Gleichzeitig werden Milizen organisiert und Waffen versteckt. Gouverneur de Barros schickt an die Großgrundbesitzer Maschinengewehre.
Im Januar und Februar noch hatte Goulart sich nicht offen zu einem radikalen Kurs bekannt. Vielleicht hoffte er, die linken Kräfte des Landes, von den Kommunisten bis zu den fortschrittlichen Katholiken, würden ihn unterstützen. Tatsächlich stieg seine Popularität. So wagte er am Freitag, dem 13. März den entscheidenden Schritt:
Ausgerechnet in Rio de Janeiro, der Hochburg seines Feindes Carlos Lacerda, stellte er sich klar als „Mann der Linken“ vor. Vor 200.000 begeisterten Zuhörern rief er aus:
„Die heutigen Strukturen sind derart veraltet, daß sie das Wunder nicht herbeiführen können, das allein unsere Nation retten kann. Ich fürchte nicht, als subversiv verschrien zu werden, wenn ich
die Notwendigkeit betone, die Verfassung zu ändern.“
Eine Stunde vor diesem Aufmarsch hatte Goulart den Auftakt zur lang erwarteten – und notwendigen – Landreform gegeben: Alle nicht bebauten Ländereien, die in einer 10 Kilometer breiten Zone am Rand von Bundesstraßen, Eisenbahnen und Kanälen liegen, sollten verstaatlicht werden. Ebenso sieben private Ölraffinerien. Und das sollte nur der Anfang sein.
Damit riskierte Goulart einen Bürgerkrieg. Und er wußte es. Um einer sofortigen Reaktion Gouverneur Lacerdas zuvorzukommen, hatte er den Platz der Republik, auf dem er sprach, mit Bundestruppen abriegeln lassen.
Die erste Stimme der Reaktion kam aus São Paulo. „Wenn Goulart hier auch nur einen Hektar Land verstaatlicht,“ erklärte der Gouverneur dieses Staates, „dann werden meine vierzigtausend Mann gegen ihn marschieren.“
Nun wird es dramatisch: Überall im Land organisieren sich die konservativen Kräfte. Sie schicken ihre Frauen vor. Im Namen Gottes und der Familie marschieren Tausende, mit Rosenkränzen bewaffnet, durch die Straßen der Großstädte und schreien im Namen Gottes gegen den „Kommunismus“ (dabei zählt die Kommunistische Partei Brasiliens vielleicht ganze fünfzigtausend Mann). Wer Reformen anstrebt, gilt hier als Kommunist.
Die Bischöfe von São Paulo und Rio de Janeiro warnen vor dem politischen Mißbrauch der Religion. Sie stellen sich sogar zögernd hinter Goulart. Seit einiger Zeit schon tritt ein Teil des brasilianischen Klerus für radikale Reformen ein, besonders auf dem Lande. (In einem Staat, in dem fünfzehn Millionen wohlhabende Bürger einer Masse von fünfzig Millionen Armen gegenüberstehen, die gläubig, ja fanatisch religiös sind, kann die Zukunft der Kirche nur bei diesen liegen.)
Die eleganten Damen von São Paulo aber schleudern auf Straßenumzügen den Namen Gottes gegen den „Kommunismus“. Sie schleppten ihre Dienstmädchen mit, ihre Chauffeure, Portiers und alles, was wirtschaftlich von ihnen abhängt. Sie wollen ihren Demonstrationen einen volkstümlichen Charakter geben.
Aber entscheidend bleibt die Armee. In Brasilien hat sie seit jeher – wie in Südamerika so oft – den Ausschlag gegeben.
Die meisten Offiziere, besonders die höheren Grade, hüten die traditionelle Ordnung. Aber die Armee denkt nicht mehr einheitlich.
Die Revolte der Matrosen und Marine-Infanteristen von Rio kommt den Konservativen gelegen: Am 25. März bitten rund 4000 Matrosen um die Erlaubnis, sich zusammenzuschließen, um den zweiten Jahrestag ihres Eintritts in die Marine zu feiern. Der zuständige Minister lehnte ab. Die Matrosen, die gerade den russischen Film „Panzerkreuzer Potemkin“ gesehen hatten, meutern. Sie verschanzen sich im Haus der Metallgewerkschaft und verlangen die Anerkennung ihres Rechtes auf Zusammenschluß, die Befreiung der verhafteten Kameraden, die Vermenschlichung in der Marine und die Verbesserung ihrer Verpflegung.
Die Truppe wird zum Haus der Metallgewerkschaft in Bewegung gesetzt. Doch anstatt die Meuterer gefangen zunehmen, läuft ein Teil zu ihnen über.
Goulart weigert sich, streng gegen die Meuterer vorzugehen: Sie hätten sich ja nicht so sehr gegen die Regierung, sondern gegen eine willkürliche Entscheidung ihrer Vorgesetzten erhoben, sagt er. Der Marineminister demissioniert. Goulart nimmt den Rücktritt an. Die Matrosen haben gesiegt.
Explosive Worte gehen jetzt bei den Militärs um: Kronstadt, Panzerkreuzer Potemkin. Hat es so nicht auch in Rußland angefangen? In der Presse erscheint das Schreckgespenst einer kommunistischen Machtübernahme. Währenddessen marschieren die angeblich so kommunistischen Matrosen mit Kreuzen und Blumen zur Kirche der Candelaria, um der Heiligen Maria für ihren Sieg zu danken.
Doch ihr „Sieg“ dauert nur wenige Tage. Das Offizierkorps, bisher politisch gespalten, schließt sich zusammen. Jetzt handelt es sich nicht mehr um politische Meinungen, um Reformen, um die Wirtschaft. Jetzt geht das Gespenst der Gehorsamsverweigerung um. Ein heiliges militärisches Prinzip ist mit Füßen getreten worden. Ein Präsident, ein Zivilist, hat Meuterern Recht gegeben.
Goulart versucht jetzt, die Spaltung zwischen Offizieren und Truppe noch zu vertiefen. In Rio hält er eine aufrüttelnde Rede vor hastig zusammengetrommelt Unteroffizieren.
Doch die Würfel sind gegen ihn schon gefallen.
Einige Offiziere unterstützen noch Goulart. Er beschwört das Volk, mobilisiert die Gewerkschaften, die zum Streik aufrufen. Die wenigen getreuen Militärs bröckeln ab. Soldaten schießen auf Arbeiter und Studenten. Sie wissen nicht, warum und für wen. Viele glauben, sie kämpfen für Goulart; dabei schießen sie, auf Befehl ihrer Offiziere, auf dessen Anhänger.
In wenigen Stunden ist Goulart isoliert. Er versucht noch einen letzten Widerstand im Süden des Landes, in seiner Heimat Rio Grande do Sul. Aber die Kräfte, die er heraufbeschworen hat, sind stärker als er: Er rief die Soldaten und Unteroffiziere zum Kampf gegen ihre Vorgesetzten auf. Damit aber hat er eine Front wieder zusammengeschmiedet, die in den letzten Jahren schon fast auseinandergebrochen war: die Front von Geld und Waffen.
Dabei war Goulart, der reiche Grundbesitzer, nicht einmal ein „Linker“. Er hatte die fortschrittlichen Kräfte des Landes unterstützt; vielleicht wirklich nur, um damit eine blutige Revolution zu vermeiden. Vielleicht aber auch, um von der Popularität der Fortschrittlichen persönlich zu profitieren und die Macht ganz in seine Hände zu bekommen. Um mit der Unterstützung der Arbeiter und der hungernden Massen Chef eines faschistischen Regimes zu werden.
Das fortschrittliche Brasilien ist das Opfer Goularts geworden. Zum ersten Mal gab es vielleicht eine wirkliche Chance, die notwendigen Reformen zu verwirklichen. Die Massen warteten darauf. Die Beamten, Arbeiter und kleinen Leute schienen zum Kampf bereit; selbst die Armee und ein Teil des nationalen Kapitals war für das Neue aufgeschlossen.
Jetzt sitzen die Anhänger des Fortschritts hinter Schloß und Riegel. Mehr denn je herrscht die alte konservative Ordnung.Es mag lange dauern, bis die Millionen Brasilianer, die Reformen erwartet hatten, wieder hoffen dürfen.